Aktivitäten 2022 und älter des Freundeskreises
WEIHNACHTSBRIEF
Liebe Mitglieder des Hölderlin-Freundeskreises,
ganz ohne die sich aufdrängenden Anmerkungen zur Pandemie oder zur weltpolitischen Lage möchte ich Sie am Jahresende 2022 informieren und ermuntern.
Dabei fällt die Frage, was denn das Highlight im zurückliegenden Jahr 2022 war, recht leicht. Ein Sonntagmorgen für Friedrich Hölderlin - mit einer Verspätung von 2 Jahren konnte der runde Geburtstag würdig gefeiert werden. Dazu beigetragen hat unser Mitglied Stephan Storck und seine Komposition Sokrates und Alcibiades am 20. März. Großartig war auch sein Engagement, das zur Verwirklichung des Auftritts von 16 KollegInnen des Staatsopernchores Stuttgart erforderlich war, ein einzigartiges Erlebnis. Und unmittelbar danach die Enthüllung der Hölderlin-Bronze-Plastik von Prof. Thomas Duttenhoefer im Hof der Nordheimer Straße 5, die auch noch ein Nachspiel im Spätjahr hatte: in der Oktober-Sitzung des Gemeinderates wurde ein neuer Kulturpreis der Stadt Lauffen beschlossen, ausgestattet mit einem Bonzetto des Entwurfs für die lebensgroße Darstellung des Dichters. Beides, die Außenplastik des Hölderlinhauses und der Kulturpreis der Stadt wurden von unserem Mitglied und Lauffener Ehrenbürger Heinz Dieter Schunk gespendet - ohne seine Unterstützung wäre auch der Auftritt des Staatsopernchores nicht möglich gewesen - Danke!
Informativ-unterhaltsam war der Jahresausflug nach Tübingen und Nürtingen. Ausgestattet mit einem 9-Euro-Ticket, die Bahn hatte exklusiv eine Sonderschleife durch Stuttgart als Upgrade vorgesehen, wurden ohne Umsteigebedarf beide Ziele erreicht, eine veritable Werbung für den ÖPNV. Einem ersten oder schon zweiten Blick in den neu gestalteten Hölderlinturm folgte eine Baustellenbegehung in Nürtingen - der Schweizer Hof wird klasse, auch wenn äußerlich kaum ein Stein auf dem anderen blieb. Auf die Eröffnung am 20.04.2023 kann man gespannt sein, die Ausstellung zu Friedrich Hölderlin mit dem Themenschwerpunkt Bildung umfasst ca. 100 m2.
Vier Mal haben wir uns zum Stammtisch im Saal des Hölderlinhauses getroffen., Vorträge, Lesungen und die Jahreshauptversammlung standen an. Jetzt soll aber der Blick nach vorne gehen, ins neue Jahr, ich komme zum Abschnitt "Ermunterung"
Immer im ersten Halbjahr will der Vorstand künftig ein Jahresprogramm für den Freundeskreis erarbeiten, das dann in der Jahreshauptversammlung im Sommer vorgestellt wird. Dazu bitte ich alle Mitglieder um Anregungen, die direkt an mich oder ein Mitglied des Vorstandes gerichtet werden können. Wie in 2022 sollen vier Stammtischtermine angeboten werden, es würde mich sehr freuen, wenn sich wieder Mitglieder finden lassen, die einen 15-20 minütigen Impulsvortrag vorbereiten, die Termine sind sehr flexibel und können direkt mit mir, gerne auch telefonisch (07133 - 10610 oder 205520) abgesprochen werden. Für den 10. Oktober wurde bereits wieder ein Krimi-Autor verpflichtet, es ist Jean-Luc Bannalec, der mit uns über seine bretonischen „Verhältnisse“ bis „Nächte“ sprechen wird – ein Krimi-Schwergewicht aus der Bretagne?
Für das erste Halbjahr arbeiten wir mit den vorhandenen Programm-Anregungen, ich werde mich am Jahresanfang dazu melden. Schon jetzt weise ich Sie auf das Geburtstagskonzert am 20.03.2023 hin - Veranstalter ist die Stadt Lauffen. Die Platzzahl im Saal des Hölderlinhauses ist begrenzt, sichern Sie sich schon jetzt eine Karte über www.lauffen.de!
Im Namen des Vorstandes unseres literarischen Vereins wünsche Ich Ihnen besinnliche Festtage und einen guten Start in das neue Jahr, Gesundheit und Wohlergehen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Klaus-Peter Waldenberger
Vorsitzender
"POESIE IN ZEITEN DAUERNDEN EXILS"
Götz Schwarzkopf, Hölderlin-Freundeskreis Do, 24.11.2022
Zwei ganz unterschiedliche Charaktere werden hier vorgestellt, die je einen ganz eigenen Umgang mit Poesie pflegen. Im Sprechen über die Sprache und Literatur jedoch völlig eins sind: sie darf nicht verstummen in Zeiten andauernden Exils, es gilt sie zu verteidigen, zu veröffentlichen, sich für sie zu verpflichten.
Wir müssen aus unserer Perspektive nach Osteuropa blicken. Am besten erinnern wir dabei die Greueltaten des zweiten Weltkrieges (6 Mio Tote alleine in der Ukraine). Auf jeden Fall jedoch erinnern wir das zurückliegende Jahrzehnt. Vergegenwärtigen uns kurz die Abläufe der jüngsten Katastrophen: die revolutionären Proteste und brutale Niederschlagung derselben in Belarus, die Protestbewegungen mit darauffolgenden und immer noch anhaltenden Kriegsschauplätzen in Syrien, der Überfall Russlands auf die Ukraine. Verbunden mit gezielten Destabilisierungen der öffentlichen Ordnung, Unterwanderung der gesellschaftlichen Geschlossenheit, Jagd, Verschleppung, Folter von Meinungsbildenden, die nicht geduldet werden, Verbreitung von Lügen um Realitäten zu verschleiern und Menschen zu manipulieren, Ausüben von Terror zur Brechung des Widerstands. Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben werden, die Zuflucht suchen, zunächst in ihrem Heimat- oder dem Nachbarland und in sicheren europäischen Demokratien.
Wie sprechen wir über diese Kriegsgebiete, wie sieht die konkrete Unterstützung im Kampf um die Demokratie aus, wie unsere Haltung gegenüber den Schutzsuchenden. Und wenn wir den Blick noch weiter schweifen lassen: was tun wir mit den Menschen, die auf dem Fluchtweg auf europäischem Hoheitsgebiet verelenden. Oder in europäischen Hoheitsgewässern ertrinken?
All das hat viel mit uns zu tun. Mit unserer Sicht, unserem Sprechen, unserem Urteilen, mit dem wir die für uns passende Wirklichkeit erzeugen, die wir für unser Handeln brauchen. Wir haben hier eine Heimat, immer mehr Menschen auf dieser Welt weden jedoch aus ihrer Heimat vertrieben.
Als Prolog – wir sind schließlich der Hölderlin Freundeskreis möchte ich einen Entwurf zu einer Hymne Friedrich Hölderlins vortragen.
Heimat
Und niemand weiß
Indessen laß mich wandeln
Und wilde Beeren pflüken
Zu löschen die Liebe zu dir
An deinen Pfaden, o Erd’
Hier wo – – –
und Rosendornen
Und süße Linden duften neben
Den Buchen, des Mittags, wenn im falben Kornfeld
Das Wachstum rauscht, an geradem Halm,
Und den Naken die Ähre seitwärts beugt
Dem Herbste gleich, jezt aber unter hohem
Gewölbe der Eichen, da ich sinn
Und aufwärts frage, der Glokenschlag
Mir wohlbekannt
Fernher tönt, goldenklingend, um die Stunde, wenn
Der Vogel wieder wacht. So gehet es wohl.
Spannend diese große Lücke nach der Überschrift mit erster Zeile. Als wenn Hölderlin zunächst mal nicht weitergewusst hätte. Oder steht da genau die Sprachlosigkeit, die einen überkommt, wenn das Erlebte einem die Worte nimmt? Nimmt er gar die Zeit seines eigenen Exils vorweg – gut das ist jetzt wirklich zuviel hineininterpretiert. Ich bin Grafiker, Musiker, textender Sänger, für mich sind Bild und Text elementar. In diesem Gedichtfragment hat sich mir ganz viel von Heimat abgebildet, in seiner Unfertigkeit, seinen Brüchen, das Gegenteil von Exil, bzw. der Punkt auf den der Zustand Exil sich bezieht.
Gegenteil (Rockmusical Hölder)
[…]
Im Gegenteil werden wir heil,
mein Gegenteil, bleib und verweil.
Verteidigung von Poesie in Zeiten dauernden Exils
Volhja Hapeyeva „Alles was uns geschieht sind Worte.“
Ich lese eines ihrer Gedichte – es entsammt wie auch die folgenden ihrem Gedichtband „Mutantengarten“.
meine hände gestützt auf einen baum
meine hände gestützt auf einen baum
darauf liegt ein anderer weißer baum
in dem ich mit dem dritten
schreibe
tisch notizbuch stift
um mich herum: gedächtnis eines ganzen waldes
in mir: gedächtnis des holzfällers
gedächtnis des schamanen
und das jenes ersten baums
den ich umarmte in großmutters garten
ich gab ihm worte und schmerz
und nahm seine wärme
bis er gefällt wurde
weil er keine äpfel mehr trug
praktische existenz
wenn man schönheit an nutzen misst
weißt du baum
genauso machen sie es mit sich selbst
schreinern schränke aus einander
benutzen andere als türen
bauen käfige aus sich
doch alles was sie brauchen
ist das schmiegen von körper an körper
sich vergewissern nicht einsam zu sein
im wald aus abgeholzten menschen
Volha Hapeyeva wurde 1982 in Minsk, Belarus, geboren; Lyrikerin, Autorin, Übersetzerin und promovierte Linguistin. Hapeyeva schreibt Gedichte, Prosa und Dramen. Sie ist auch als Kinderbuchautorin und Veranstalterin audiovisueller Performances tätig. Hapeyeva war Stadtschreiberin von Graz, im Moment ist sie eine von acht Menschen im Föderprogramm „Writer in Exile“ am deutschen PEN-Zentrum in München (PEN: Poets, Essayists, Novelists – ursprünglich1921 in England als Anwalt des freien Wortes und gilt als Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftsteller).
2017 arbeitete VH als OSZE*-Übersetzerin in der Ukraine und verwendete bei einer Übersetzung persönlicher Korrespondenz den Begriff „Krieg“. Ihre Chefin verlangte von ihr den „offiziellen“ Begriff „Konflikt in der Ostukraine“ – obwohl schon damals klar war, dass es sich um einen Krieg handelt. Es geht Hapeyeva damals wie heute darum, Euphemismen (beschönigende Sprache) zu erkennen und abwertende Sprache sichtbar zu machen. Weil beides ein falsches Bild von der Welt schafft, ein Bild, wie es die manipulativ Sprechenden gesehen haben wollen. Das wiederum ist Teil von gezielter Propaganda. Hapeyeva geriet in den Fokus des KGB (Belarus) und musste ihre Land verlassen um einer Inhaftierung zu entgehen. Seither schreibt sie aus dem – oder besser im? – Exil.
*Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
„This is not the time for poetry“ wurde Hapeyeva als Antwort gegeben, warum eine geplante Veröffentlichung ihrer Texte in einem „regimeunabhängigen Portal“ in Belarus nicht stattfinden konnte. Zu der Zeit fanden Präsidentschaftswahlen in Belarus statt, welche in der Berichterstattung als ausschließlich erachtet wurden. Das veranlasste Hapeyeva ihr Essay „Die Verteidigung der Poesie in Zeiten andauernden Exils" zu schreiben.
Hierfür bekam sie 2022 den wortmeldungen-Literaturpreis, ein Preis der künstlerisches und kritisches Schreiben auszeichnet. Das Essay behandelt die Kraft der Sprache in der Poesie und der politischen Agitation und stellt einen Zusammenhang her zwischen der Häufigkeit an verurteilenden Wörtern in der Literatur einer Kultur und deren Gewaltniveau. … Je häufiger solche verurteilenden und etikettierenden Ausdrücke in einer Kultur verwendet wurden, desto höher ist das Gewaltniveau. Hapeyeva sagt dazu: „Sprache ist Freiheit aber auch Gefängnis, eine Waffe oder Heilmittel – Sprache schafft Realität.“
Auszüge aus ihrem Essay:
…„Schiffe vor Anker, Autos auf Parkplätzen, aber ich bin diejenige, die kein Zuhause hat.“ Wo immer ich hingehe, wo immer ich bleibe, auch wenn es nur für eine Nacht ist, fange ich sofort an, diesen Ort mein Zuhause zu nennen. Das ist eine Art nomadisches Denken. Wenn man keine eigene Wohnung hat, wird jeder Ort zu einem potenziellen Zuhause. Ist das Verzweiflung oder Hoffnung?"
„…Es ist eine paranoide Besessenheit, unser Gehirn scheint kategorisieren und klassifizieren zu müssen, um zu wissen, in welches Regal man dieses oder jenes Phänomen, diesen oder jenen Fall einordnen kann. Diese Prozesse finden mit Hilfe der Sprache statt. Welche Möglichkeiten bietet sie mir: ein Emigrant, ein Flüchtling, ein Exilant zu sein – all diese Wörter sind aus der Position der Staatlichkeit heraus entstanden. Ich möchte nicht in solchen Begriffen denken – also höre ich bei Nomaden auf.“
„…Mir gefällt am Nomadentum, dass es keine Grenzen gibt. Die Idee des Nomadentums kann für uns alle auf der Welt nützlich sein. Weil sie uns lehrt an jedem Ort der Welt auch eine Heimat zu sehen.“
„…Das Nachdenken über Wörter ist sozusagen meine berufliche Deformation. Die deutsche Heimat ist der Ort, an dem man sich zu Hause fühlt, die belarussische Radzima ist der Ort, an dem man geboren wurde.“
Ein weiteres Gedicht:
Wie fasst man ein Jahr in hundert Worte
jenseits
aber
wie nie zuvor bei mir selbst
das schwerelose
aber
auch der zementschmerz
als wäre es nicht zu hause sein
aber
als wär es das doch
das leben im antonymen*
in wörterbüchern überprüfe ich
was sie bedeuten
„patria“ “**
„locus natalis“ ***
„heimat“
welches davon ist „razima“?
die nachtigall wartet mit geschlossenen augen darauf
dass sich das erste blatt entfaltet
„die wahre heimat gibt es nur im traum“
und immer öfter spreche ich mit motten und vögeln
sie fragen nicht nach irgendetwas
sie sind einfach da
und erlauben
mir
einfach da
zu sein
wo es keine zeit gibt
und keine worte
*Gegenteilwort
** Vaterland
*** Geburtsort
Weiter im Essay:
„… seit August 2020, als mein eigenes Land in den offenen Abgrund des Terrors durch das Regime geriet, habe ich begonnen, Literatur über psychischen Missbrauch von Menschen aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Mir wurde klar, dass die Situationen unter totalitären oder nicht-demokratischen Regierungen dem Muster von Missbrauchsbeziehungen folgen… …Patriarchat, Terror und Angst. … Zwangskontrolle durch Schaffen eines Umfeldes der Verwirrung, des Widerspruchs und der extremen Bedrohung – Folter. … blicken wir auf die Verhaltensmuster der Behörden der Bevölkerung in Belarus gegenüber: Bevormundung, Beleidigungen, einseitige Entscheidungen, Behandlung wie ein Kind, Unberechenbarkeit, Entmenschlichung…“
Ein weiteres effektives Mittel in der Ausübung psychischer Gewalt ist das Schweigen, das ebenfalls gezielt von totalitären Staaten eingesetzt wird.
Dazu das Gedicht
Schweigen
s c h w e i g e n
ist ein zimmer in das man dich setzt
egal ob es angenehm ist oder nicht
s c h w e i g e n
ist das aufstellen von zäunen und du wirst bewacht
s c h w e i g e n
ist gezielte strategie von kindern kranken und verrückten
s c h w e i g e n
ist strafe ohne datum fürs schafott
s c h w e i g e n
streicht von der liste der lebenden
s c h w e i g e n
ist verrat mit höllenqualen ohne Sinn
s c h w e i g e n
ist für die dichterin
was für den gläubigen der kirchenbann
s c h w e i g e n
ich wähle die sprache
Welche Kraft Poesie entwickeln kann, schildert Hapeyeva mit folgendem Tatsachenbericht: „…Nach dem Tsunami 2011 unterbrach die japanische Regierung die Fernsehwerbung und begann stattdessen mit der Ausstrahlung von Werbespots, um die Menschen zur Hilfe zu mobilisieren. In einer dieser Ankündigungen war ein Gedicht von Misuzu Kaneko zu hören. Daraufhin machten sich Tausende von japanischen Freiwilligen auf den Weg in die vom Erdbeben betroffenen Gebiete. Was Regierung und Politiker nicht geschafft hatten, wurde durch einen kleinen Vers erreicht.“
„…Poesie ist für mich ein Mittel, um Empathie auszudrücken und Bildung zu verbreiten – nicht die Bildung, die man an Schulen oder Universitäten bekommt, sondern eine, die uns lehrt, menschlich zu sein und den Menschen in anderen zu sehen, unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht oder ihrer Hautfarbe. Das ist ein Antidot zur Gewalt und zum Hass.“
Welch abnorme Blüten die hochgradig zynische Verwendung von Blumennamen mit sich bringt beschreibt das Gedicht
phlox
phlox
kommt von griechisch ,flamme‘
vielleicht war es die helle farbe
an die der namensgeber dachte
auch wenn auf dem gemälde „la femme aux phlox“
die form lebendiger ist
kubistenausstellung anfang des letzten jahrhunderts
in der sprache der blumen steht phlox
für die einheit der herzen
in der sprache des militärs handelt es sich
um artilleriegeschütze
deren besonderheit ihre treffgenauighkeit ist
ein journalist schreibt:
der hersteller zählt darauf das dieses neue kampfwerkzeug
seine abnehmer findet
im reich des krieges
gibt es auch andere blumen
die hyazinthe ist eine selbstfahrende waffe
vom kaliber 152 mm
(maß eines abflussrohrs)
die nelke ist eine haubitze von 122 mm
(wie ein tischtennisball muss Fehler in der Übersetzung sein, Anmerkung GS)
die kornblume ein mörser ihr wirkungsbereich
erstreckt sich etwas auf 18 meter
(ein grönlandwal)
Ihre Tätigkeit als Übersetzerin von Korrespondenz aus Kriegsschauplätzen verdichtete sie im Gedicht
schwarzer apfelbaum
der morgen beginnt mit der übersetzung von namen
menschen
werden gesucht von polizei verwandten verschiedenen diensten
im nachbarland herrscht krieg
aber wie immer hat jede seite ihre eigene terminologie
alles was ich über diese menschen weiß
ist das datum ihrer geburt
durch alle von mir übersetzten briefe
zieht sich die ungewissheit
wie etwas das man ertragen muss
und nicht weiß wie lange noch
dann plötzlich
feststellung des auffindungsorts einer person
und dann
ein nachtrag mit der bestätigung
der identifizierung des leichnams
aus der ungewißheit dem schweben dem dunst wird
ein schwarzer apfelbaum
unzählige begrub ich in meinen übersetzungen
stand bei der mutter dem vater dem ehemann der liebsten
ging fort klopfte am nächsten tag an die nächste tür
sah wie sich falten von unglauben und wut
über gesichter zogen
identifizierte körper und nicht-identifizierte seelen
ein totenschein – wie übersetzt man den richtig?
und hier bin ich in der gefängniszelle und schreibe einen brief
und hier bin ich im schützengraben
versuche die handschrift zu lesen
schickt mir warme socken und ein schachspiel
euer sohn
2017
ich bin jetzt auf dem grund
der tod ist der tod
könnte ich nur mit einem kleinen stück ruhm sterben
1942
und ich frage: wer ist dieser ruhm
und was macht er mit den herzen
er schenkt der sinnlosigkeit ringsum ein wenig sinn
als wäre doch nicht alles umsonst
nur mut und trösten sie sich mit dem gedanken
dass die sache für die ihr mann sein leben gab
die befreiung der heimat war
1945
es wäre besser gewesen man hätte uns getötet
anstatt uns so leiden zu lassen
Olena Kamjanez-Podilskyi*
1941
briefe schreiben und auf einen orden hoffen
briefe schreiben und sich sorgen machen
ob das geld angekommen ist
briefe schreiben und nicht zu wissen ob es der letzte ist
oder einen brief schreiben und es zu wissen
sag Sinatschka danke für die fotokarten
auch wenn mir eins nicht gefällt
sie hat die lippen gesdchminkt und das noch ungeschickt
1941 Kyiv
weihnachten haben wir im schützengraben verbracht
aber ich hatte noch ein stückchen christmas pudding dabei
ich sollte beser nicht murren
1914 Edward
schlimm die einzige frau im regiment zu sein
wir schlafen alle in einem unterstand
trocknen vor einem ofen
hosen und stiefel haben die falsche größe
Maria 1945
alles ertragen wie alle
sogar mehr als alle
zu denken du bist ein held wie jeder
aber später verschweigen müssen
dass du dabei warst und die orden verstecken
wer will schon mit einer soldatin bekanntschaft machen
„wir wissen genau wie du dir die orden verdient hast“
und dass man ihr die beine abgetrennt hat
und dass der schmerz unerträglich war
und dass sie keine angst gehabt hat
sich dem kommandeur zu verweigern
das alles zählt nicht
aber was zählt dann frage ich mich
mit jungen krankenschwestern schlafen?
der kameradin eins in die röhre schieben?
die tochter des feindes vergewaltigen?
du bekommst keinen orden
wenn du nicht sicher bist ob du schießen sollst oder nicht
wenn du mitgefühl zeigst
für die eigenen leute und die feinde
wenn du dein eigenes kind ertrinken lässt um andere zu retten
wenn du dich um den ehemann einer fremden kümmerst
wenn du dich erhängst am schwarzen apfelbaum
im namen der mutter der tochter der heiligen geistin
*wo 1941 erstmals in der Geschichte der Menschheit Zehntausende Menschen durch Massenerschießungen ermordet wurden. Hier wurde den Nationalsozialisten klar, dass so etwas wie der Holocaust möglich war.
Zum Abschluss des ersten Teils des Vortrages – ein eher selbstironisches Gedicht:
nie hätte ich gedacht
nie hätte ich gedacht dass ein kleid zu tragen solch eine last ist
kurzer fetzen absatz halskette korallen
nur kein überladener christbaum sein
oder einer sein und nur mir selbst gefallen
es ist so unglaublich schwer
eingeschrieben zu sein in einen körper
der vielleicht nicht einmal wollte
dass ich mich in ihn eingeschrieben hab
und ihn jetzt kleide wie ich mag
womöglich wünschte er sich aufzufallen
zumindest beachtet zu werden
statt von blusen verhüllt die ihm zu lässig sind
und er ärgert sich
doch auch ich ärgere mich
vergesse – dass jede
oder jeder
nackt geboren wird
wie ich
vorm korridorspiegel erinnere ich mich
wie es mit uns beiden war und ist
und er
schaut sehr geknickt zurück
trag ich doch wieder mal das falsche stück
Veröffentlichung von Poesie in Zeiten dauernden Exils
Serhij Zhadan „…ich werde von den Lebenden reden und von den Toten.“
Serhij Zhadan, Schriftsteller und Übersetzer, geboren 1974 in Starobilsk bei Luhansk. Studium mit Promotion in Sprach- und Literaturwissenschaften. Seit Anfang der 1990er Jahre eine der prägenden Figuren der jungen Literaturszene Charkiws, wo er bis heute lebt. Zahlreiche Prosa- und Lyrikveröffentlichungen. Engagement in der orangenen Revolution und für die Menschen im Dombass. Derzeit spult er ein schier unglaubliches Pensum ab, pendelnd zwischen Lesungen und Konzerten mit seiner Band „Sobaky w kosmossi“ („Hunde im Kosmos“) in Europa und der Kriegsfront in der Ukraine, konzertiert bei den Truppen und in U-Bahn-Stationen. Dazwischen, rund um die Uhr ist er Teil einer Hilfsgemeinschaft, die Menschen, die in Not sind, Hilfsgüter bringen: Essen, wärmende Kleidung, Haushaltartikel, Verbandsmaterial... Bei diesen Einsätzen haben schon viele seiner Freunde ihr Leben verloren.
Für das Zusammenwirken aus herausragendem künstlerischem Schaffen als Schriftsteller und Musiker sowie für seine humanitäre, sich unter Einsatz seines Lebens den Menschen im Krieg zuzuwenden erhielt er im Oktober 2022 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels.
Zwei Zitate der Ansprachen anlässlich der Verleihung des Friedenspreises:
„In einer Zeit in der Worte, Urteile und Positionen uns wundreiben bis aufs Fleisch schafft Serhij Zhadan Momente des Aufatmens durch radikale Menschlichkeit.“
„In Zahdans Poesie holt die Ukrainische Bevölkerung Luft. Und Dank der Übersetzungen dürfen wir dies auch.“
Zhadan geht es wie Hapeyeva um das richtige Sprechen, darum, etwas als das zu bezeichnen, was es ist. In einem Spiegel-Gastbeitrag im März 2022 während des Überfalls Russlands auf die Ukraine sprach er davon, dass seit der Annexion der Krim Bürger Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz nach immer neuen Möglichkeiten gesucht hätten, die Dinge nicht beim Namen zu nennen, etwa Russland nicht als „Aggressor“, Wladimir Putin nicht als „Schurken“ und den Krieg im Donbass nicht als „russisch-ukrainischen Krieg“ zu bezeichnen. Dementgegen benutze man z.B. das Wort „Konflikt“ anstatt „Krieg“ – der in Wahrheit ein Krieg gegen die ukrainische Kultur, gegen die Zivilbevölkerung ist“
Es folgen Gedichte aus der Zeit bis 2015
Marienleben (Ausschnitte)
[…]
Eisen und Stein formte die Stadt, die einst hier stand.
Jetzt fliehen wir mit einem Koffer in der Hand.
Einem Koffer voll Asche, der Abfall der Artillerie,
Brandgeruch tränkt unsre Träume wie nie
[…]
Erzähl uns, warum unsere Stadt in Flammen steht.
Sag uns, dass es nicht gegen die Menschen geht.
Sag uns, dass die Täter ihrer Strafe nicht entgehen.
Sag uns was anderes, als wir in den Nachrichten sehen.
[…]
Nimm ein bisschen Gemüse und vom Brot ein Stück.
Wir kommen nie wieder hierher zurück.
Wir werden die Städte nicht wiedersehn.
Nimm die Briefe, auch schlimme, dann lass uns gehn.
[…]
Wir laufen an Sonnenblumenfeldern vorbei.
Wir flüchten vor Hunden, schlafen im Heu.
Wir gieren nach Wassern, kampieren in Lagern
und quälen die Drachen auf den Truppenfahnen.
Die Freunde sind fort, auch du bist verschwunden.
Es fehlen die Stellen, die Küchenrunden.
Nachts fehlt in den Orten das schläfrige Licht.
Grüne Täler und Brachen, es gibt sie nicht.
Schmierige Sonne gibt's, die durchs Zugfenster dringt,
die Choleragrube, zu der man Kalkpulver bringt.
Die Frauenfüße im blutigen Schuh,
Wachposten im Grenzschnee kommen dazu.
[…]
Wenn alles vergessen ist und ich erst fort bin,
wenn meine Träume von Leichen und Flüssen enden
wenn von jedem Tod nur noch der Tod bleibt,
wenn die Stimme hell wird und das Gewissen leichter,
wenn keine Angst mehr aufsteigt, sobald das Dunkel einfällt,
und Echotöne jeden Atem fluten,
dann rede auch ich, rede mit allen,
ich werde von den Lebenden reden und von den Toten.
Steine
III
Wenn der Verkehr
auf den entfernten Parzellen wieder auflebt
und die Flüchtlinge vereint, die sich
seit Monaten in den schwarzen hafenlöchern versteckt hielten,
wenn der zähe Winter abzieht,
mit all den Erkältungen und heiseren Mundarten
der Straßensänger,
steh auch ich beim Bahnhof, die Fäuste
in den Taschen,
atme die zerfetzte Märzluft aus,
mit denen, gezielt und überlebt, die all die Tage
das Recht unserer Viertel auf Freiheit und Leichtigkeit verteidigt haben,
die am eigenen Leib Feuer und Blei gespürt haben,
die nachts gefallen sind
statt des Winterregens
*
Noch ist nichts verloren,
Noch lässt sich alles zurückgewinnen,
Noch hängt alles von uns ab, von unserer Erinnerung,
von der Liebe unter uns.
Rede, rede, Hauptsache, es redet jemand,
es ist wichtig, dass unserer beider Stimme
immer zu hören ist.
Atme, atme, Flüchtling, mach deine Arbeit,
lass dich von ihnen nicht an den Kiemen packen.
Alles beginnt erst.
Und wenn du von den Konzerten und Versammlungen heimgehst,
spürst du, wie stark die unterirdischen Steine deiner Stadt
die Wärme speichern.
Aus Serhij Zhadans Dankesrede zur Verleihung des Friedenspreises:
„Der Krieg ändert unsere Sprache…"
„…Man befindet sich mit seinem Sprechen aus friedlichen Vorkriegszeiten im Raum der Katastrophe wieder, im Raum des Todes und verstummt. …Ich glaube, das Problem mit der Formulierung der zentralen Dinge liegt derzeit nicht nur bei uns – die Welt, die uns zuhört, tut sich manchmal schwer, eine einfache Sache zu verstehen – dass wir, wenn wir sprechen, ein hohes Maß an sprachlicher Emotionalität, sprachlicher Anspannung, sprachlicher Offenheit zeigen.
…Wie immer legt der Krieg offen, was lange Zeit bewusst ignoriert wurde, der Krieg ist die Zeit unangenehmer Fragen und komplizierter Antworten. Wir werden in den nächsten Jahren nicht umhinkommen, uns über heikle Themen zu verständigen – über Populismus und das Messen mit zweierlei Maß, über Verantwortungslosigkeit und politischen Konformismus, über Ethik, einen Begriff, den man seit langem vergeblich im Vokabular derer sucht, die in der heutigen Welt folgenschwere Entscheidungen treffen.“
„…Wie wird unsere Sprache nach dem Krieg aussehen? Was werden wir uns gegenseitig erklären müssen? Vor allem müssen wir die Namen der Toten laut aussprechen. Die Namen müssen genannt werden. … Denn aus ihren Namen werden unsere Wörterbücher entstehen.“
„…Doch ebenso viel Kraft, Selbstvertrauen und Liebe werden wir brauchen, um über die Zukunft zu sprechen, sie zu vertonen, sie zu versprachlichen, sie zu beschreiben. … Wir alle sind Teil von diesem Strom, der uns trägt, uns nicht loslässt, uns verbindet. Wir alle sind über unsere Sprache verbunden.“
„Solange wir unsere Sprache haben, so lange haben wir immerhin die vage Chance, uns zu erklären, unsere Wahrheit zu sagen, unsere Erinnerung ordnen zu können. …Die Stimme gibt der Wahrheit eine Chance. Und es ist wichtig, diese Chance zu nutzen. Vielleicht ist das überhaupt das Wichtigste, was uns allen passieren kann.“
Kompass (Rockmusical Hölder)
[…]
Halt mich in einem Wort fest,
das deine Lippen verlässt.
Bin durch deinen Geist gedichtet
ins offene der Zeiten gerichtet…
Verpflichtung für Poesie in Zeiten andauernden Exils
Nehmen wir Poesie ernst?
„Legt Gedichte in die Gassen, in die Flure, in die Straßen…"
Vertrauen wir Medien-Experten mehr als der Poesie?
Sollte Poesie in den Informationskanälen mehr Raum einnehmen (zB ein Gedicht am Ende der Tagesthemen)?
Meine Ansätze:
• am eigenen Ausdruck, Sprechen arbeiten, Sprache hinterfragen und ggf. ändern
• Kontakt halten zu Writer in Exile (PEN-Zentrum)
• Lese-Veranstaltung für PEN-WiE zB am Volkstrauertag, Lyrik-Seite auf Hölderlinhaus-Website
• https://www.trabantenverlag.de/antikriegslyrik
• Weg sein – hier sein (Bundeszentrale für Politische Bildung) Kontakt aufgreifen
• Einmal pro Woche in den Tagesthemen Gedicht vorlesen, Idee an Rundfunkrat/ARD herantragen
Mehr Info-Quellen:
Volhja Hapeyeva
https://www.wortmeldungen.org/literaturpreis/preistraegerin
https://www.wortmeldungen.org/fileadmin/wortmeldungen/files/literaturpreis/shortlist2022/Volha_Hapeyeva_Die_Verteidigung_der_Poesie_in_Zeiten_dauernden_Exils-1.pdf
https://www.deutschlandfunk.de/die-gewalt-der-sprache-die-lyrikerin-volha-hapeyeva-im-gespraech-dlf-64300fd2-100.html
https://www.pen-deutschland.de/en/writers-in-exile/
http://hapeyeva.tilda.ws
Serhij Zhadan
https://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/alle-preistraeger-seit-1950/2020-2029/serhij-zhadan
https://www.ardmediathek.de/video/ard-sondersendung/friedenspreis-des-deutschen-buchhandels-serhij-zhadan/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2FyZC1zb25kZXJzZW5kdW5nLzk0NTdlY2Q1LWE4YzktNDQzYi1iZjEyLWNiMTUwNWU1OWRhZQ
https://www.srf.ch/audio/52-beste-buecher/internat-von-serhij-zhadan?id=11300029
https://www.facebook.com/serhiy.zhadan
"POESIE IN ZEITEN DAUERNDEN EXILS"
Liebe Mitglieder,
ich lade Sie herzlich zu unserem Novemberstammtisch am Donnerstag, den 24.11.22, 18.00 Uhr in den Saal des Hölderlinhauses ein. Zu Gast ist der erste Träger des Lauffener Kulturpreises, Götz Schwarzkopf aus Kirchheim am Neckar, ein Mitglied unseres Freundeskreises.
Sein Impuls-Vortrag zu Beginn eines gesellig endenden Abends erfolgt zu dem Thema:
„Poesie in Zeiten dauernden Exils“
Was hat Herr Schwarzkopf vor ? – lassen wir ihn selbst zu Wort kommen:
Ich werde diesen Titel anhand zeitgenössischer osteuropäischer Autor:innen und daraus abgeleiteten Fragestellungen ausbreiten. Hölderlin steht mit einem Auszug seines Gedichts „Heimat“ am Anfang. Ich werde dann überleiten zu aktuellen Krisengebieten, Syrien, Ukraine, Belarus. Um von dort und aus Deutschland Menschen sprechen zu lassen, die in diesen Ländern geboren sind, mittlerweile im Exil in Deutschland leben und schreiben und ihr Leben riskieren um poetisch wirksam zu sein. Es geht um die vordergründig zwar machtlose aber so wert-volle Kraft von Poesie. Und um unsere Verantwortung für dieselbe und deren Schöpfer:innen. Original-Gedichte, Textauszüge werden das verstärken (ver-dichten), was die Autor:innen selbst in Interviews zu ihrem Wirken sagen.
Verteidigung der Poesie in Zeiten dauernden Exils
basierend auf dem preisgekrönten Essay von Volha Hapeyeva
Wortmeldungen Literaturpreis 2022
Die Veröffentlichung von Poesie in Zeiten dauernden Exils
zitierend aus Serhij Zhadans Äußerungen (Gedichte und Prosa aus dem Krieg)
Friedenspreis des deutschen Buchhandels
Die Verpflichtung für Poesie in Zeiten dauernden Exils
fragend anhand vorgetragener Lyrik von nomadisch dichtenden Menschen im Exil
Schließen werde ich mit zwei kurzen Zitaten aus „Hölder“. Wenn man sich auf Poesie einlässt, kann sie einen ganz gehörig am Kragen packen.
Es wäre natürlich schön, wenn sich viele Mitglieder ebenfalls „am Kragen packen lassen“ Für einen Imbiss und Getränke ist jedenfalls gesorgt.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Klaus-Peter Waldenberger
Vorsitzender
Hölderlin-Freundeskreis
Mozartstraße 7
74348 Lauffen am Neckar
Tel: 07133/ 20550
E-Mail: k.p.waldenberger@lauffen.de
BRIGITTE FRITZ-KADOR SPRICHT ÜBER HÖLDERLIN UND CELAN
Es ist inzwischen schon eine lieb gewordene Gewohnheit: vor dem geselligen Beisammensein erfolgt im Freundeskreis immer ein kurzer Vortrag - am 20. Oktober war es unser Mitglied, die Journalistin Brigitte Fritz-Kador, die über die Beziehung Hölderlin/Celan und insbesondere über die Geburtsstadt, das heute ukrainische Czernowitz berichtete.
Vielen Dank für diesen inspirierenden Vortrag und die anschließende lebhafte Gesprächsrunde.
Ani, Stammtisch, Buchmesse
Liebe Mitglieder,
am Tag der Deutschen Einheit eine kurze Auffrischung zu den kommenden Veranstaltungen:
Lesung und Gespräch Friedrich Ani im Klosterhof
Die Veranstaltung beginnt am Mittwoch, 19.00 Uhr, Einlass ist ab 18.30 Uhr. Da unser Vorstandsmitglied Uwe Grosser erkrankt ist, wird Eva Ehrenfeld den Autor vorstellen und auch ein Gespräch mit ihm führen. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, als Zuhörer Fragen an Herrn Ani zu stellen.
Für den Oktober 2023 wurde bereits ein weiterer Krimi-Autor für eine Lesung im Freundeskreis verpflichtet. Näheres dazu am Jahresende.
Stammtisch im Oktober
Unser Mitglied Brigitte Fritz Kador eröffnet unser Beisammensein am 20. Oktober ab 18.00 Uhr im Saal des Hölderlinhauses. Sie spricht über die existentielle und essentielle Beziehung von Paul Celan zu Hölderlin und dass er nicht nur deshalb den Lauffenern nahe ist, sondern auch durch seinen Geburtsort Czernowitz, den er mit etlichen Lauffener Neubürgern (meist gleichen Jahrgangs) gemeinsam hat und dass diese Stadt "der toten Dichter" durch den Ukrainekrieg als Vielvölker-, Vielsprachen- und Kulturstadt wieder stark in den öffentlichen Fokus gerückt ist.Anschließend ist Gelegenheit, bei einem Glas Wein oder Mineralwasser über den Beitrag mit Frau Fritz Kador zu sprechen und sich auch über die Arbeit des Freundeskreises auszutauschen. Natürlich liegt auch das Hölderlin/Pironti-Poster bereit.
Fahrt zur Buchmesse nach Frankfurt
Bis 11. Oktober kann man sich noch zur VHS-Fahrt anmelden. Es wäre klasse, wenn sich noch einige Mitglieder zur Teilnahme entschließen könnten, die Gesamtteilnahme ist noch zu gering, Anmeldungen sind unter der 07131 996530 möglich - weitere Infos im letzten Mitgliederschreiben.
Bis dahin,
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Klaus-Peter Waldenberger
Vorsitzender
07133 205520
Lesung und Gespräch: Friedrich Ani, Bullauge Mittwoch, 5. Oktober, 19.00 Uhr, Klosterhof Lauffen
Friedrich Ani, geboren 1959, lebt in München. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele, Theaterstücke und Drehbücher. Sein Werk wurde mehrfach übersetzt und vielfach prämiert, u. a. mit dem Deutschen Krimipreis, dem Crime Cologne Award, dem Stuttgarter Krimipreis, dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis. Am 12. September 2022 erscheint sein neuer Roman, Bullauge, den er auf Einladung der Stadt Lauffen und des Hölderlin-Freundeskreises im Gespräch mit Uwe Grosser vorstellen wird.
Der Polizist Kay Oleander wurde auf einer Demo mit einer Bierflasche im Gesicht getroffen. Dabei hat er sein linkes Auge verloren. Vom Dienst freigestellt, bringt er sich eher mühsam durch den Tag, bis ihn das Schicksal mit Silvia Glaser zusammenführt. Seit einem Fahrradunfall ist auch sie eine Versehrte. Auf unverhoffte Weise finden die beiden Halt aneinander. Und das, obwohl sie im Verdacht steht, für Oleanders Unglück verantwortlich zu sein. Silvia Glaser fand nach dem Unfall, der ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt hat, Zuflucht bei einer rechtspopulistischen Partei. Sie möchte aussteigen, wagt es aber nicht, weil sie Repressalien fürchtet. Als sie von Plänen der Parteispitze zu einem Attentat erfährt, weiht sie Oleander ein. Die beiden beschließen, den Anschlag zu verhindern. Dafür brauchen sie Verbündete, doch die sind für zwei wie sie nicht leicht zu finden …
Friedrich Ani erzählt mitfühlend und lakonisch die Geschichte zweier Versehrter, die allen Widrigkeiten zum Trotz zueinander finden und sich zusammenraufen, um ein Mal etwas richtig zu machen in einem Leben, das sich schon lange falsch anfühlt.
Einlass ab 18.30 Uhr, Eintritt 5 Euro
HÖLDERLIN FREUNDESKREIS BEGRÜSST DAS 100. MITGLIED
Im Rahmen der jährlichen Mitgliederversammlung konnte der neue Vorsitzende des Freundeskreises, Klaus-Peter Waldenberger, das 100. Mitglied des am 20. März 2011 gegründeten Vereins begrüßen. Martina Hemmerlein-Reichert verfolgt die Arbeit der literarischen Vereinigung nun schon seit einigen Jahren und hat sich im 11. Jahr des Bestehens zum Beitritt entschlossen. Als Begrüßung des 100. Neu-Mitglieds gab es nicht den obligatorischen Blumenstrauß, sondern die Hölderlin-Biografie von Rüdiger Safranski – der „Edel-Biograf“ der deutschen Geistesgrößen hatte das Werk im Kultursommer 2021 im Klosterhof öffentlich vorgestellt.
Werden auch Sie Mitglied des Freundeskreises und unterstützen Sie damit den Verein – sein Ziel ist ganz allgemein die Förderung der Literatur und natürlich die Auseinandersetzung mit dem in Lauffen geborenen Dichter. Für Klaus-Peter Waldenberger, der im Sommer 2023 aus dem Bürgermeisteramt ausscheidet, ist der Hölderlin-Freundeskreis auch in Zukunft eine Institution, die in der Lage ist, die Stadtverwaltung bei diesem wichtigen und anspruchsvollen Thema zu entlasten.
DANKE, GERLINDE ENDRIß
Im Rahmen der jährlichen Mitgliederversammlung des Freundeskreises erfolgte der Dank des Vereins an die Gründungsvorsitzende Gerlinde Endriß – es war zum Jahreswechsel 2010/11, als sie ein Anruf aus der Rathausburg erreichte. Der Bürgermeister fragte vorsichtig an, ob sie bereit und interessiert wäre, den neu zu gründenden Hölderlin-Freundeskreis zu führen. Er sollte die Stadt auf den im Jahr 2020 anstehenden 250. Geburtstag des Dichters vorbereiten. Die Sozialrichterin am Sozialgericht Stuttgart willigte ein und machte sich unmittelbar nach der Gründung am 20.03.2011 an die Arbeit. Exkursionen zu Hölderlinstädten (es gibt 13), literarische und philosophische Vorträge, Theater und Musik, die Teilnahme am Festumzug 2014 und vieles mehr gab es zu organisieren, unterstützt vom Vorstandsteam und stets gut besucht von Mitgliedern und Literaturinteressierten aus Stadt und Land.
So lag es auch nahe, der aus familiären Gründen ins Siegerland ziehenden, scheidenden Vorsitzenden ein Gemälde mit Hölderlinbezug zu überreichen - ein Werk von Rea Siegel Ketros, das sich auf das Gedicht-Fragment „Heimath“ bezieht und das der neue Vorsitzende einige Tage später im Schönblick vorbeibrachte. Alles Gute wünschen wir Frau Endriß für den neuen Lebensabschnitt – die komplette Dankansprache mit Bildrückblick kann auf der Homepage des Freundeskreises eingesehen werden (www.hoelderlin-freundeskreis.de).
BERICHT DES VORSITZENDEN AUS DER MITGLIEDERVERSAMMLUNG VOM 19. JULI
Liebe Mitglieder,
Herzlich willkommen zur Mitgliederversammlung 2022. Diese wird künftig jährlich stattfinden und soll uns in die Sommerpause entlassen. Gleichzeitig bildet sie das Ende des Veranstaltungsjahres – es umfasst jeweils das zweite Halbjahr sowie das darauffolgende erste Halbjahr. Der Berichtszeitraum zu den Finanzen bezieht sich auf das zurückliegende Kalenderjahr, somit sind die erforderlichen Abschlüsse und Prüfungen bis zur Mitgliederversammlung problemlos möglich.
Den Bericht des Vorsitzenden über das Vereinsjahr 2021/22 möchte ich von einigen exemplarischen Fotos begleiten lassen.
Der Rückblick enthält das Vereinsgeschehen, aber immer auch einen Seitenblick – was ist sonst noch hölderlinrelevant gewesen in unserer Stadt. Damit möchte ich gleich beginnen. Im Rahmen des Kultursommers im Klosterhof, unserer Spielstätte neben diesem Saal des Hölderlinhauses, hatte die Stadtverwaltung im bühne frei – Programm Rüdiger Safranski und Timo Bruhnke mit seiner Hölderlin Spoken Word Band eingeladen – und es gab eine Open-Air-Version des Musicals Hölder. Was wir erlebten, war Literaturvermittlung auf höchstem Niveau mit einem eher außergewöhnlichen Abschluss. Auf Bitte des Star-Biografen aus Badenweiler trafen wir uns anschließend zum Endspiel der Fußball-Europameisterschaft England gegen Italien im Hölderlinhaus. Sie alle wissen, Italien wurde Europameister.
Zwei feste Formate hatten wir uns nach der Vorstandswahl am 13. Juli 2021 für das erste Veranstaltungsjahr unter meiner Leitung vorgenommen. Zum einen waren dies regelmäßige Vorträge, dazu kurze Impuls-Vorträge im Stammtischformat, bei denen auch die Geselligkeit im Verein nicht zu kurz kommen sollte. Den Anfang machte beim Stammtisch unser Vorstandsmitglied Uwe Grosser mit einer Vorstellung des Monschau-Buches von Steffen Kopetzky, dazu gab es wirtschaftswunderzeitlich angepasste Leckereien, ich habe mich an meinem Termin mit dem Hölderlin-Gedicht „Mein Eigentum“ befasst, das mich retrospektiv im Umfeld meines 60. Geburtstag beschäftigt hatte, schließlich Franz Kosel mit einem Beitrag zu Juli Zehs "Corpus Delicti". Es schlossen sich informative, bisweilen auch diskursive Gesprächsrunden an, in denen man gemeinsam versuchte, den Dingen auf den Grund zu gehen, diesen Grund fand man dann nebenbei auch bei manchem Fläschle Lauffener Wein – so war das gedacht.
Ganz ähnlich verliefen die drei Fachvorträge, beginnend mit unserem Mitglied Manfred Henne unter dem Titel „Im Laufe der Zeit“, im November dann, am Volkstrauertag, Wolfgang Urban zu „Heimat als Erfahrung und Utopie“ und schließlich unserem Mitglied Friedrich Bahmer, der uns Lyrik mit Haut und Haar auswendig näherbrachte – der Franzose sagt nicht auswendig sondern par coeur, das trifft es auch in diesem Fall besser.
Lauffen wird Hölderlinstadt – bei lausigem Wetter trafen sich Landrat und Bürgermeister, Bundestags- und Landtagsabgeordnete, mal wieder nur Männer, um am Ortseingang von Nordheim kommend die Ortsschilder auszutauschen. Ein kleiner aber wichtiger Meilenstein in unserem gemeinsamen Bemühen. Vielen Mitbürgern lag die Aktion ob der Kosten schwer im Magen, immerhin sind für dieses Schild jeweils 90 Euro aufzubringen. Ich hege Zweifel daran, ob es in irgendeiner anderen der 20 mit Zusatzbezeichnungen beglückten Ortschaften eine ähnliche Diskussion gegeben hat – schön waren dann die Varianten-Vorschläge zum 1. Mai, über Kreativität freue ich mich immer.
Das Großereignis im Betrachtungszeitraum war der 252. Geburtstag von Johann Christian Friedrich Hölderlin. Wir, der Freundeskreis, waren „dran“, es erfolgt ein jährlicher Veranstalterwechsel mit der Stadt. Ein wuchtiges Format war dieser 20.03.22, aber es wurde gemeistert, wir hatten einfach auch viel Glück. Die Komposition unseres Mitglieds Stefan Storck wurde freundlich bis begeistert aufgenommen, die Feierstimmung war einfach wunderbar und nicht nur eine Uraufführung, sondern auch die Präsentation einer neuen Hölderlin-Plastik im Innenhof der Nordheimer Straße 5 an einem Matinee-Termin, das werden wir in den kommenden Jahren nur sehr schwer überbieten können.
Dass wir in dieser Größenordnung veranstalten können, verdanken wir der Arbeitsstelle für literarische Museen und Gedenkstätten in Baden-Württemberg, die bis zu 50 % der Gagen übernimmt. Wir verdanken es aber noch viel mehr unserem Ehrenbürger und Mitglied Heinz Dieter Schunk. Auch an diesem 20.03.2022 wurde überdeutlich – Hölderlin in Lauffen wird möglich durch ihn und dieser Morgen war auch der geeignete Anlass, ihm dafür zu danken, „wem sonst als ihm“.
Im Juni tagte die Hölderlin-Gesellschaft in Tübingen, nach 4 Jahren wieder und mit dem Motto, das eigentlich für 2020 in Lauffen vorgesehen war – „Wozu Dichter in dürftiger Zeit“, einem Zitat aus der Elegie "Brod und Wein". So richtig dahintergekommen sind wir trotz heftigem Bemühen nicht, was Hölderlin damit sagen wollte, aber es ist uns gelungen, einen neuen Beirat und Vorstand zu wählen. Zusammen mit Johann Kreuzer darf ich die Gesellschaft weitere 4 Jahre führen und verspreche mir große Synergien in der Kooperation mit unserem Freundeskreis.
Schließlich, am vergangenen Samstag, der Jahresausflug nach Tübingen und Nürtingen. 20 Mitglieder machten sich mit dem 9-Euro-Ticket auf die Reise in den neu gestalteten Hölderlinturm und, sehr beeindruckend, das Hölderlinhaus in Nürtingen. Während der Turm und unser Museum ausschliesslich dem Dichter gewidmet sind, steht Hölderlin in Nürtingen nicht im Vordergrund. Von den 2.000 m2 Nutzfläche erhält die Ausstellung zum Dichter, es geht um Bildungsfragen, ca. 100 m2, dazu der nun gut zugängliche Gock’sche Keller. In diesem Kontext sehe ich kein Problem mehr darin, dass beide Städte die Bezeichnung "Hölderlinhaus" verwenden.
Das Gebäude selbst hat mit dem Bau Ende des 18. Jahrhunderts nicht viel zu tun, es ist aber in meinen Augen ein wirklich überragendes und auch preiswürdiges Beispiel für Bauen im historischen Bestand.
Soweit mein Blick in das Vereinsjahr. Es war nicht klar, es ist nicht klar, wie weit die Corona-Pandemie Veranstaltungen zulässt. Wenn man dies berücksichtigt, ist uns doch Vieles gelungen und viel Begegnung war möglich.
Zu den Finanzen 2021 kommt nun der Bericht des Schatzmeisters. Allen Vorstandsmitgliedern danke ich von ganzem Herzen für Ihr Engagement und die begeisterte Zusammenarbeit, es hat Freude gemacht. Weiterhin liegt die Verantwortung und auch der Großteil der Vereinsarbeit in diesem Personenkreis, wir machen das für unsere Mitglieder und die Stadt. Umso mehr freut es mich, dass wir vor einigen Wochen das 100. Mitglied des Hölderlin-Freundeskreises begrüßen konnten – Frau Martina Hemmerlein-Reichert – herzlich willkommen!
TOP Verabschiedung der langjährigen Vorsitzenden Gerlinde Endriß
Liebe Mitglieder,
heute Abend möchte ich mich mit nun nahezu einjähriger Verzögerung im Namen von Ihnen allen, aber auch der Bürgerschaft der Stadt Lauffen am Neckar bei unserer Gründungsvorsitzenden Gerlinde Endriß bedanken.
Das Jubiläum 2020 stand an, ein Freundeskreis sollte gebildet werden und ich habe mir damals erlaubt, Gerlinde Endriß anzurufen und sie darum gebeten, das Amt der Ersten Vorsitzenden zu übernehmen.
Sie ist dieser Bitte nachgekommen. Schon damals haben wir vereinbart, dass wir die Ämter nach dem Jubiläum und im Kontext meiner Verrentung tauschen könnten. Von einem Wegzug, liebe Frau Endriß, war aber nicht die Rede.
Mit schwungvollem Elan ist Gerlinde Endriß an diese Aufgabe herangegangen, auch mit der Zusage, dass das Büro Bürgermeister nach Kräften unterstützen wird. Das Ziel 2020 vor Augen gab es viel zu tun.
Glücklicherweise fanden sich zur Gründung und unmittelbar danach eine stattliche Zahl Literaturinteressierter, die mitmachen, die den Freundeskreis und die Stadt auf ihrem Weg begleiten wollten.
Beharrlichkeit und Gründlichkeit sind Charaktereigenschaften, die bei einer Sozialrichterin wenig überraschen, für die Führung eines Vereins sind sie ein Glücksfall und wir haben davon 10 Jahre lang sehr profitiert. Nicht zuletzt fand dies einen Niederschlag in der wunderbaren Bilddokumentation, die mir Gerlinde Endriß bei der Amtsübergabe ausgehändigt hat. Ich habe mir erlaubt, einige Schnappschüsse für heute Abend vorzubereiten.
Die Kooperation mit den Hölderlinstädten ist mit ein Vereinsziel, darum auch zum Start ihrer Amtszeit der Vereinsausflug nach Bad Homburg vor der Höhe mit einem wunderbaren Matthias Setzer als Vertreter der Stadt sowie der Begehung des Kurparks. Geistesgrößen fanden den Weg nach Lauffen, Germanisten, Philosophen wie Jürgen Wertheimer und wieder ging es in einen Hölderlinort, zur Verwandtschaft nach Löchgau und Besigheim und im Januar 2013 folgte ein winterlicher Abend im Garten der Familie Schäfer in der Lindenstraße.
Ein in Lauffen gern gesehener Gast war der Grafiker Hermann Rapp, sein komplettes auf Hölderlin bezogenes Werk wurde der Stadt im Nachlass übergeben. Die Hölderlin-Gesellschaft war immer mal wieder hier, zum Beispiel die Präsidentin Sabine Doering mit einem inspirierenden Vortrag zu Hölderlin und Goethe, danach wieder ein Ausflug, diesmal nach Maulbronn – ein weitereres Highlight in der Gerlinde-Endriß-Zeit unseres Vereins war das Kinderfest 2014 mit einer Beteiligung des Vereins – ein Festwagen und eine Fußgruppe war unser Beitrag. Ich will einmal die steile These aufstellen, dass es eine solch spektakuläre Truppe beim Lauffener Kinderfest noch nicht gegeben hatte. Und dann die Erlösung: Im Januar 2015 konnte mit Unterstützung von Heinz Dieter Schunk das Anwesen Nordheimer Straße 5 und das gegenüberliegende Grundstück erworben werden, die Umzugskartons des Festwagens kamen in Einsatz.
Dass der Freundeskreis vor den Mitgliedern des Gemeinderates die Gelegenheit bekam, das Haus zu besichtigen, tragen mir einzelne Mitglieder des Gremiums noch heute nach. Auf dem Foto zu sehen ist auch der Stimme-Redakteur Rolf Muth, wir haben ihm in Sachen Hölderlinhaus viel zu verdanken.
Würde ich Frau Endriß fragen, was ich nicht mache, weil ich die Antwort kenne, welche Persönlichkeit sie in Richtung Friedrich Hölderlin am stärksten inspiriert hat, würde sie mir sagen – das wissen Sie doch! Christoph Quarch, der Philosoph, Theologe und Publizist war mehrmals mit seinen Kursen in der Stadt und hat hier seine Spuren hinterlassen.
Schließlich zwei Aktionen, die absolut bemerkenswert waren, unsere Beteiligung bei Kunst am Kies und die eindrucksvolle coronabeschränkte Aufführung des Hyperion im umgebauten Klosterhof.
Wir sagen Danke! mit einem Wortklangbild von Rea Siegel Ketros.
Heimath – ein Fragment
„Und niemand weiß – Indessen lass mich wandeln, und wilde Beeren pflücken, zu löschen die Liebe zu dir, an deinen Pfaden, o Erd" – eine Landschaft beschreibend, wie Sie sie vielleicht im Siegerland finden werden, das Haus ist Ihren Schilderungen nach groß genug um dieses Werk zu beherbergen. Viel Freude damit und Danke!
Für die ausführliche Präsentation zur Mitgliederversammlung mit Bildern klicken Sie bitte hier:
MITGLIEDERVERSAMMLUNG
Liebe Mitglieder,
im Folgenden die offizielle Einladung zu unserer Mitgliederversammlung. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt heute im Vereinsteil des Lauffener Boten und in der nächsten Woche.
Am Samstag, den 16. Juli 2022 findet unser Ausflug nach Tübingen und Nürtingen statt. Einige Anmeldungen wären noch möglich, die Fahrt erfolgt wie angekündigt mit dem 9-Euro-Ticket der DB ab 9.06 Uhr, Bahnhof Lauffen.
Einladung
Zur ordentlichen Mitgliederversammlung des Hölderlin-Freundeskreises Lauffen am Neckar am
Dienstag, 19.07.2022, 19.00 Uhr im Saal des Hölderlinhauses, Nordheimer Straße 5
Tagesordnung
1. Begrüßung
2. Bericht des Vorsitzenden
3. Bericht des Schatzmeisters
4. Bericht der Kassenprüfer
5. Anträge
6. Verschiedenes
Bis eine Woche vor dem Tag der Mitgliederversammlung kann jedes Mitglied beim Vorstand schriftlich die Ergänzung der Tagesordnung um weitere Angelegenheiten, nicht jedoch Satzungsänderungen, beantragen.
Waldenberger
Vorsitzender
74348 Lauffen am Neckar
Tel: 07133/ 20550
E-Mail: k.p.waldenberger@lauffen.de
homepage: www.hoelderlin-freundeskreis.de
RUNDMAIL AN DIE MITGLIEDER DES HÖLDERLIN FREUNDESKREISES
Liebe Mitglieder,
zu Ende der Pfingstferien möchte ich Sie herzlich einladen auf einen lyrischen Sommerabend im Saal und Hof des Hölderlinhauses.
Zu Gast ist unser Mitglied Prof. Dr. Friedrich A. Bahmer – er wird ab 18.00 Uhr vortragen, anschließend bleibt die Gelegenheit zu einem Gedankenaustausch in Innenhof bei einem kühlen Erfrischungsgetränk.
Noch’n Gedicht! Lyrik mit Haut und Haar
Sonntag, 19. Juni 2022, 18.00 Uhr, Hölderlinhaus
Einen überaus genüsslichen Sonntagabend verspricht die Lesung mit Prof. Dr. Friedrich A. Bahmer aus Münster in Westfalen im Saal des Lauffener Hölderlinhauses. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, einen Abend zu Friedrich Hölderlin zu gestalten. Auf Wunsch des Hölderlin-Freundeskreises hat er sich aber einem beruflich naheliegenden Thema zugewandt – Friedrich A. Bahmer ist ein prominenter Dermatologe und hat bereits Vielfältiges zu Lyrik in Verbindung mit der Dermatologie veröffentlicht, vom plötzlichen Ergrauen in der Dichtung Conrad Ferdinand Meyer‘s bis zu Charles Bukowskis Akne.
In diesem Vortrag dreht sich deshalb alles um Gereimtes und Ungereimtes aus der Medizin und besonders aus der Dermatologie. Im aphoristischen Zweizeiler wie in der Ballade, ob heiter oder melancholisch grundiert, passieren Ärzte, Patienten und Krankheiten aus verschiedenen Epochen Revue, werden Einsichten und Obsessionen von Literatinnen und Literaten lyrisch lebendig. Da finden sich neben Schwergewichten wie Charles Baudelaire, Rainer M. Rilke und Robert Gernhardt auch weniger bekannte Dichterinnen und Dichter wie Simone Borowiak Günter Eich und Charles Bukowski.
Der Eintritt ist frei.
Ausflug nach Tübingen und Nürtingen
Zum Hölderlinjahr 2020 ist viel Neues entstanden und im Entstehen, ein guter Grund, einmal wieder nach Tübingen zu fahren, um dort die neue Ausstellung im Turm, den sanierten Turm und den wunderschönen Garten zu besichtigen. In Nürtingen ist man in den letzten Zügen des Baus. Wir haben exklusiv die Möglichkeit zu einem „Preview“, wie sich das neudeutsch nennt, das Gebäude ist bereits abgerüstet und ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, dass Literatur auch einen wichtigen Beitrag zur Stadtgestaltung leisten kann.
Termin ist der Samstag, 16. Juli 2022, 9.00 Uhr bis ca. 18.00 Uhr
Programm:
Abfahrt: 9.06 Bahnhof Lauffen
Ankunft: 10.50 Uhr Bahnhof Tübingen
Besichtigung Turm, Ausstellung und Garten
Abfahrt: 13.08 Bahnhof Tübingen
Ankunft: 13.33 Bahnhof Nürtingen
Mittagessen
Besichtigung Hölderlinhaus, Innenstadt mit Hölderlinplastik
Kaffeepause
Abfahrt: 16.59 Uhr oder 17.34 Uhr Bahnhof Nürtingen
Ankunft : 18.16 Uhr oder 18.50 Uhr Bahnhof Lauffen
Um die Fahrt planen zu können, darf ich Sie bitten, sich bei mir zu melden, wenn Sie gerne dabei sind. Sollten Einschränkungen in der Beweglichkeit vorliegen, würden wir das mit einem Taxi von Bahnhof zu Turm/Hölderlinhaus Nürtingen lösen. Umstiege sind nicht vorgesehen.
Auf die Teilnehmer umzulegende Kosten werden keine anfallen, da jeder, ich unterstütze dabei gerne, einfach ein 9-Euro-Ticket der Bahn löst. Rückfragen gerne an mich.
Zur Jahreshauptversammlung am 19. Juli 2022 ergeht getrennte Einladung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Klaus-Peter Waldenberger
Vorsitzender
Mozartstraße 7
74348 Lauffen am Neckar
Tel: 07133/ 205520
E-Mail: k.p.waldenberger@lauffen.de
Homepage: www.hoelderlin-freundeskreis.de
RUNDMAIL AN DIE MITGLIEDER DES HÖLDERLIN FREUNDESKREISES
Liebe Mitglieder des Hölderlin-Freundeskreises,
vor den Osterfeiertagen fand eine Vorstandssitzung im Sommerzimmer des Hölderlinhauses statt, über deren Ergebnisse ich Sie gerne informieren würde:
Das nächste Stammtischtreffen erfolgt am
Dienstag, 3. Mai 2022, 18.00 Uhr im Saal, Hölderlinhaus.
Unser Vorstandsmitglied Franz Kosel stellt uns einleitend den Roman Corpus Delicti von Juli Zeh vor. Es ist eine Veröffentlichung auf der Grundlage eines Theaterstücks, das Juli Zeh im Auftrag der RuhrTriennale 2009 verfasst hat. Es sollte ein Beitrag zum Thema "Mittelalter" und "Hexenjagd" werden und in der Vergangenheit spielen, Juli Zeh wollte aber ein aktuelles Thema bearbeiten, quasi eine schwarze Utopie und schreibt über einen Staat, der seine gesamte Legitimation von der (Vor-)sorge für die Gesundheit ableitet. Es geht um Freiheit, um Verantwortungsethik und nimmt damit mit zehnjährigem Vorlauf das Corona-Thema vorweg.
Das Heilbronner Theater hat die dramatisierte Version in der BOXX inszeniert, ein gemeinsamer Besuch könnte am 18. Juni organisiert werden. An den Beitrag von Franz Kosel schließt sich ein gemütliches Beisammensein bei feinen Getränken und einem Imbiss an.
Weiter geht es dann mit einem von mir schon lange gewünschten Beitrag am
Sonntag, 19. Juni 2022, 18.00 Uhr im Saal Hölderlinhaus.
Unser Mitglied Prof. Dr. Friedrich Bahmer aus Münster wird uns mit einem ganz außergewöhnlichen Vortrag überraschen: Noch'n Gedicht! Lyrik mit Haut und Haar. Reichlich Gedichte und Limericks, ernste und heitere mit Bezug zur Medizin und besonders zur Dermatologie. Bukowski, Balduin IV, Hemingway, Aldeijadinho und Kisch sind die Protagonisten, es geht um Plötzliches Ergrauen, um Parasiten, Lepra und Syphilis.
Gerne steht Prof. Dr. Bahmer auch für eine anschließende Gesprächsrunde zur Verfügung - bekanntermaßen waren Schein (Gemälde) und Sein bei den literarischen Heroen in Mittelalter und Romantik sehr differenziert.
Auch eine Ausfahrt wollen wir Ihnen anbieten. Am
Samstag, 16. Juli 2022 geht es vorzugsweise mit der Deutschen Bundesbahn zuerst nach Nürtingen, in die Baustelle des Hölderlinhauses, anschließend nach Tübingen, wo wir von Dr. Potsch, der Leiterin des Hölderlinturms in die neue Ausstellung eingeführt werden. Dazu erfolgt getrennte Einladung.
Das erste Halbjahr wird abgeschlossen mit der künftig jährlich stattfindenden Jahreshauptversammlung am
Dienstag, 19. Juli 2022, 18.00 Uhr im Saal Hölderlinhaus.
Da in 2022 keine Wahlen anstehen sollten die Formalien zügig abzuwickeln sein und sich eine gesellige Runde im Hof des Hölderlinhauses anschließen.
Ich darf Sie bitten, sich diese Termine vorzumerken. Gäste sind zu allen Veranstaltungen herzlich willkommen. Der Eintritt ist jeweils frei - mit Ausnahme der Ausfahrt.
Beigelegt habe ich wie am 20.03.2022 angekündigt die Einladung zur Jahrestagung der Hölderlingesellschaft von 9. bis 12. Juni 2022 in Tübingen. Anmeldungen sind bei der Geschäftsführung, Frau Eva Ehrenfeld, möglich.
Ich freue mich auf unsere Treffen
Ihr
Klaus-Peter Waldenberger
Vorsitzender
Ein Fest für alle Sinne: Hölderlin-Matinée zum 252. Geburtstag
Uraufführung „Am Ende zu Schönem“ und Enthüllung einer Bronzeskulptur
Drei Torten, zwei Höhepunkte und ein Fazit: Hölderlin, der 1770 an einem Dienstag geboren wurde, wird zu seinem 252. Geburtstag gefeiert wie ein Sonntagskind! Was zum 250. Jubiläum, einem Freitag, geplant war, aber pandemiebedingt nicht durchgeführt werden konnte, erblickt nun an diesem sonnigen Sonntagmorgen im Klosterhof das Licht der Welt.
Der erste Höhepunkt ist die Vertonung der Ode an „Sokrates und Alcibiades“, ein Auftragswerk an den Lauffener Komponisten Stephan Storck. Zunächst wird das Stück als Generalprobe zu Gehör gebracht.
Eine prima Idee, denn das vierstimmige Chorwerk, das ein Klangspektrum von vorsprachlicher Lautbildung bis zu dadaistisch-teils-humoristischer Verfremdung (à la Schwitters „Ursonate“) benutzt, erfordert von den Ausführenden solistisch höchste Professionalität der Vokalkunst – weshalb die Idee entstand, es nicht von einem semiprofessionellen Chor, sondern von einem 16-köpfigen Ensemble der Staatsoper Stuttgart singen zu lassen – auch das Publikum muss sich in diese Art Neuer Musik einhören.
Unterstützt wird das Verständnis des Klangerlebnisses durch Erläuterungen des Komponisten sowie einer eingehenden Text-Interpretation durch die Hölderlin-Expertin Eva Ehrenfeld. Erst danach folgt mit der Wiederholung der zehnminütigen Tondichtung die eigentliche Uraufführung von „Am Ende zu Schönem“. Für Hölderlin typisch sei der Bezug zur griechischen Antike – im Text stellt ein namenloser Dritter Sokrates die Frage, was er am jüngeren Alkibiades (ein verwöhnter Schnösel seiner Zeit) so gut finde – und die klare Orientierung an einer ganz speziellen Bauart, in diesem Fall der asklepiadeischen Ode (Ode=Gesang). Eher untypisch für Hölderlin sei hingegen die Kürze des Gesangs aus zwei Strophen, den er selbst als „Gedichtchen“ bezeichnete, erläutert Eva Ehrenfeld. „Und es neigen die Weisen oft am Ende zu Schönem sich“, so bringt es Sokrates auf den Punkt.
Storck, der seinen Titel diesen letzten beiden Versen entlehnt hat, will, anders als die Romantiker, keine Wort-für-Wort-Vertonung, ihm geht es um eine „Gefühlszustände andeutende Annäherung an den Inhalt“. Das Stück beginnt mit ausgedehnten Klangflächen, „quasi ein Meer lustvoller Gefühle, in das sich Sokrates gefährlich hemmungslos fallen lässt“, so Storck. Hilfreiche Assoziationen, die beim wiederholten Hören (also der Uraufführung) das verdutzte Stottern, das kindliche Brabbeln und das Hantieren mit Stimmgabeln in sinnfälligen Zusammenhang gebracht haben. Kamen die Einsätze bei der Generalprobe noch wesentlich angespannter, konnte das Vokalensemble bei der Wiederholung befreit und souverän auftreten, erfrischend sprangen die Funken über, wurden mit begeistertem Applaus beantwortet.
Der zweite Höhepunkt folgt nach wenigen Schritten im Hof des Hölderlinhauses. Dort versammelt sich die 140 -köpfige Geburtstagsgesellschaft zur Enthüllung der neuen Hölderlin-Skulptur des Bildhauers Thomas Duttenhoefer. Dem Künstler war wichtig, dass Hölderlin ausschreitet, von Lauffen in die Welt zieht. Auch der Bezug zur griechischen Antike (Steinkauz und Lorbeer), zum Gedanken, der zu Papier gebracht werden will (Federkiel) und die Nähe zum (noch jungen) Baum als Gegenüber, habe er bei der Bronze berücksichtigt, die zunächst in Gips modelliert worden war und dann im Wachsausschmelzverfahren hergestellt wurde.
Als Paraphrase zum Hölderlin-Zitat „Was bleibet aber, stiften die Dichter“ wurde gemäß „Was bleibet aber, verdanken wir den Stiftern“, namentlich Heinz-Dieter Schunk und Christiane Waldenberger die Ehre des Enthüllens zuteil. Danach wanderte die Geburtstagsgesellschaft zurück in den Klosterhofgarten zur Tortenschlacht. Ein großartiges Fest für alle Sinne, das in die Annalen eingehen wird.
Text: Leonore Welzin
Fotos: Rolf Bodmer > komplette Bilderschau
Eine Veranstaltung des Hölderlin-Freundeskreises Lauffen am Neckar. Die Aufführung des Chorwerks durch SängerInnen der Staatsoper Stuttgart wurde ermöglich durch die Arbeitsstelle für literarische Museen und Gedenkstätten Baden Württemberg (ALIM) und Herrn Heinz Dieter Schunk. Der Lauffener Unternehmer übergab die Bronze-Skulptur für den Hof des Hölderlinhauses aus Anlass seines 80. Geburtstages im Januar 2022 an die Stadt Lauffen am Neckar.
252. GEBURTSTAG/STAMMTISCH
Liebe Mitglieder,
wir freuen uns auf den kommenden Sonntag - viele von Ihnen haben sich angemeldet und ich möchte daran erinnern, dass Sie bitte einen 3 G Nachweis mitbringen. Während der Veranstaltung im Klosterhof besteht auch Maskenpflicht.
Der Vorstand unseres Vereins hat beschlossen, im Mai einen weiteren Stammtischtermin und im Juli eine Mitgliederversammlung (künftig jährlich) durchzuführen.
Bitte machen Sie sich doch Gedanken über einen eigenen Beitrag zu Beginn des Stammtischabends in der Form, wie Uwe Grosser mit dem Monschau-Buch und ich mit dem Hölderlin-Gedicht "Mein Eigentum" es vorexerziert haben. Die Vorgaben sind überschaubar, es sollte sich um Literatur und/oder Lauffen am Neckar handeln. Dauer der Vorstellung ca. 15 Minuten, anschließend ein Gespräch darüber und das gemütliche Beisammensein.
Wer für den Mai oder für den Herbst 2022 eine Idee hat, darf sich bitte bei mir melden, dann stimmen wir den Termin individuell ab.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Klaus-Peter Waldenberger
Im Anschluss an die Geburtstagsfeier gibt es ein Gläschen Sekt und ein Stück Geburtstagstorte, außerdem eine Enthüllung, auf die wir alle gespannt sein können:
VERANSTALTUNGEN MÄRZ 2022
Liebe Mitglieder des Hölderlin-Freundeskreises,
so langsam lichtet sich der Pandemie-Nebel und wir können die ersten Veranstaltungstermine des Jahres 2022 angehen.
Den Anfang macht der Freundeskreis-Stammtisch im Saal des Hölderlinhauses. Bei einem Gläschen Wein und guten Gesprächen sollen Geselligkeit und Information für einen unterhaltsamen Abend sorgen. Den inhaltlichen Beitrag möchte an diesem Abend ich selbst beisteuern und Ihnen meine Sicht zum Hölderlin-Gedicht „Mein Eigentum“ vorstellen – gerne können auch Sie schildern, wie man dieses Gedicht lesen und/oder interpretieren kann.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Wir treffen uns
am Donnerstag, 10.03.2022 (nicht wie angekündigt am Montag, 7.03.22), 18.00 Uhr im Hölderlinhaus.
Schon 10 Tage später dann der 252. Geburtstag des Dichters. Nach zwei vergeblichen Anläufen im Jahr 2020 und 2021 soll es dieses Jahr gelingen:
Sonntag, 20.03.2022, 11.30 Uhr, Klosterhof:
Hölderlin-Geburtstags-Matinée
mit Uraufführung Chorwerk und Enthüllung Bronzeskulptur
Alljährlich feiern die Stadt Lauffen und der Hölderlin-Freundeskreis den Geburtstag von Friedrich Hölderlin am 20. März mit einer öffentlichen Veranstaltung.
Für den 252. Geburtstag dieses Jahr sind dafür ganz besondere Höhepunkte vorgesehen. Dabei ist zunächst die Uraufführung des Chorwerks "... AM ENDE ZU SCHÖNEM...." zum Hölderlin-Gedicht Sokrates und Alcibiades des Lauffener Komponisten Stephan Storck zu nennen. Komponiert wurde dieses Werk eigentlich bereits für das Jubiläumsjahr 2020 aus Anlass des 250. Geburtstag des Dichters als Auftragskomposition der Stadt Lauffen a.N. Doch auch hier machte die Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Die Aufführung des vierstimmigen Chorwerks der Neuen Musik mit einem 16-köpfigen Ensemble der Staatsoper Stuttgart wird nun nachgeholt. Der Komponist selbst gibt einige Einblicke in das Werk und seine Entstehung, das zu Grunde liegende Gedicht stellt uns Eva Ehrenfeld vor.
Als zweites Highlight des Tages wird direkt anschließend eine neue Skulptur Hölderlins von Bildhauer Prof. Thomas Duttenhoefer, Darmstadt im Hof des Hölderlinhauses enthüllt. Auch der Bildhauer wird persönlich anwesend sein und kurz in sein Werk einführen.
Und natürlich darf auch die traditionelle Geburtstagstorte für den Dichter nicht fehlen.
Kosten: 8 €; Freier Eintritt für Mitglieder des Hölderlin-Freundeskreises und Personen unter 18 Jahren
Vorverkauf: www.lauffen.de/tickets
Vorverkaufsstart vss. am 22.02.22
Fall es Ihnen technisch möglich ist, bestellen Sie bitte die für Sie kostenlosen Karten über die Homepage der Stadt ab 22.02.22. Sie können aber auch ganz einfach mir zurückschreiben, ich buche Sie dann in die Veranstaltung ein und würde mich freuen, Sie am 10.3. oder 20.3.2022 begrüßen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Klaus-Peter Waldenberger
Vorsitzender
HÖLDERLIN STADT LAUFFEN a.N.
HEIMAT ALS ERFAHRUNG UND UTOPIE - Vortrag von Prof. Wolfgang Urban
Eine Veranstaltung, die für 2020 vom Hölderlin-Freundeskreis geplant war, sollte die Frage behandeln, was Hölderlin unter Heimat versteht. Coronabedingt verschoben, konnte sie nun am Volkstrauertag im Hölderlinhaus nachgeholt werden.
Prof. Wolfgang Urban aus Rottenburg, der Referent des Abends, betonte zu Beginn den hohen Rang Hölderlins als Dichter. Er bezeichnete ihn als eine Art „Supernova“, als eine gleichsam unvorhersehbare Erscheinung am Dichterhimmel. Das Neue und Ungewohnte seiner Kunst musste seine Zeitgenossen überfordern. Erst in einer langen Rezeptions-geschichte, die bis in unsere Zeit reicht, wurde Hölderlins Einzigartigkeit und Bedeutung zunehmend erkannt. Urban, der diese Rezeptionsgeschichte kurz skizzierte, stellte dabei heraus, dass es oftmals bedeutende Denker wie Nietzsche und Heidegger oder Theologen wie Romano Guardini waren, die in Hölderlins Dichtung bereits moderne Aspekte menschlicher Seins- und Welterfahrung vorausgedacht und in dichterischer Sprache ausgedrückt fanden. Das gilt auch für Hölderlins Verständnis von Heimat. Prof. Urban zitierte zunächst Stellen, in denen die enge Verbundenheit des Dichters mit der Landschaft, in die er hineingeboren wurde, zum Ausdruck kommt – wie in der ersten Strophe seiner Ode „Neckar“:
„In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf / Zum Leben, deine Wellen umspielten mich, / Und all der holden Hügel, die dich / Wanderer! kennen, ist keiner mir fremd.“
Wie hier finden sich in Hölderlins Dichtung zahlreiche Stellen, die Landschaftsbilder und die Topographie von Orten ansprechen, die ihm von Jugend an vertraut waren.
In dem Gedicht „Da ich ein Knabe war …“ wird zunächst ebenfalls dieses heimatliche Naturerleben thematisiert:
„Da spielt´ ich sicher und gut / mit den Blumen des Hains / Und die Lüftchen des Himmels / spielten mit mir“.
In diesem Rückblick auf seine Kindheit formuliert Hölderlin nach Prof. Urban aber auch, wie er seine Kindheit erlebt hat, nämlich als eine intime Begegnung mit Natur und Welt, als ein Berührt- und Umfangensein von etwas Heiligem und Göttlichem:
„Mich erzog der Wohllaut / Des säuselnden Hains / Und lieben lernt´ ich / Unter den Blumen. / Im Arme der Götter wuchs ich groß.“
Kindheit ist hier nicht etwas Unvollkommenes, vielmehr eine Grunderfahrung, die für das ganze Leben prägend wird. Verbunden bleibt diese Kindheitserfahrung mit dem Ort, wo sie erlebt wurde, der Heimat.
Heimat als Ort der Geborgenheit im Einsseins mit Menschen und Natur wird so nach dem bekannten Wort von Jean Paul zum einzigen Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können. Die Empfindungen, die mit diesem Paradies verbunden sind, bleiben uns nah und sind immer wieder abrufbar. Hölderlin, der oftmals nach Niederlagen und Enttäuschungen in seine Heimat zurückgekehrt ist, hat dies mehrfach zur Sprache gebracht.
„Heimatliche Natur! Wie bist du treu mir geblieben! / Zärtlichpflegend, wie einst, nimmst du den Flüchtling noch auf.“ heißt es im Gedicht „Der Wanderer.“
Hölderlins Verständnis und dichterische Behandlung von „Heimat“, das wurde in dem Vortrag von Wolfgang Urban deutlich, ist nicht einfach eine Form von Lokalpatriotismus, dem es um die literarische Überhöhung der Landschaft geht, der wir entstammen. Heimat lässt uns erahnen, was es mit unserer Existenz auf sich hat, sie öffnet uns die Augen für die Schönheiten der Natur und wie ein gelingendes Leben aussehen könnte. Heimat wird so zum Vorschein, zur Utopie einer besseren Welt, die als geistige Prägung unser Handeln bestimmen kann.
Was neben der inhaltlichen Klärung des Begriffs Heimat von Prof. Urbans Vortrag in Erinnerung bleiben wird, ist vor allem die Ernsthaftigkeit und Entschiedenheit, mit der er seinen Zuhörern Hölderlins Verständnis von Heimat als eine auch für unsere Zeit wichtige Botschaft vermitteln wollte.
Text: Franz Kosel
ZUM TOD VON PROF. DR. LUIGI REITANI
Mit großer Bestürzung und in tiefer Trauer haben wir zu beklagen, daß Luigi Reitani im Alter von 62 Jahren in Berlin am 31. Oktober verstorben ist. Mit ihm verliert die Hölderlin-Gesellschaft eine ihrer herausragenden Stimmen: er hat durch jahrzehntelange Arbeit dafür gesorgt, dass Italien ein zentraler Resonanzraum für die Rezeption Hölderlins geworden ist. Seine zweibändige Edition der Werke und Briefe hat, weit über Italien hinaus, Maßstäbe gesetzt.
Über all die Jahre ist er in der Hölderlin-Gesellschaft ein ebenso vertrauter wie freundschaftlich zugewandter Gesprächspartner gewesen. Von 2000 bis 2006
war er im Beirat und von 2006 bis 2018 im Vorstand unserer Gesellschaft aktiv.
Wir alle gingen wie selbstverständlich davon aus, daß sich das Gespräch, der
lebendige Austausch mit ihm noch lange fortsetzt. Das ist nun nicht mehr möglich.
Für die Hölderlin-Gesellschaft bedeutet sein Tod einen nicht zu ersetzenden Verlust.
Wir trauern um einen lieben Kollegen und guten Freund.
Johann Kreuzer
Klaus-Peter Waldenberger
Manfred Henne liest aus „ Im Laufe der Zeit“
Er schreibt Gedichte, Reisebeobachtungen und präsentiert Fundstücke der Landesgeschichte. Letzteres kommt nicht von ungefähr. Das Hölderlin-Freundeskreis-Mitglied Manfred Henne, wohnhaft in Gemmrigheim und pensionierter Schriftsetzer ist ehrenamtlicher Beauftragter des Landesamtes für Denkmalpflege - Archäologie und Landeskunde sind seine Steckenpferde.
Das wird auch im gut besetzten Saal des Hölderlinhauses am vergangenen Sonntagabend deutlich. Manfred Henne sucht und findet Kostbarkeiten in der Landesgeschichte, Episoden über Friedrich Hölderlin, die lebenslustige Anna Sutter oder auch die Schimmelstute Helene, Lieblingspferd des stattlichen Königs Friedrich I von Württemberg, die im hohen Alter von 27 Jahren starb. Unterhaltsame Anekdoten, die er durch wenige, ausgesuchte eigene Gedichte aus seinen mittlerweile 8 Büchern einrahmt und den Zuhörern damit einen Einblick in ein langjähriges und kreatives Schaffen gibt.
Die Lesung war der Auftakt einer Herbsttrilogie – weiter geht es am
Sonntag, 14. November, 17 Uhr im Saal des Hölderlinhauses mit Prof. Wolfgang Urban, er spricht zu Heimaterfahrung und Vision bei Friedrich Hölderlin und am
Donnerstag, 25.11. 18 Uhr im Saal des Hölderlinhauses mit Uwe Grosser, langjähriger Kulturredakteur der Heilbronner Stimme. Er stellt den aktuellen Roman von Steffen Kopetzky – Monschau vor – anschließend kann über das Buch und die Welt bei einem guten Lauffener Wein diskutiert werden.
Soiree am Sonntag, 24. Oktober um 18 Uhr im Hölderlinhaus
Manfred Henne liest aus seinem Buch "Im Lauf der Zeit" und eigene Gedichte
In seinem Buch "Im Lauf der Zeit" beschreibt der Autor Ereignisse und Schicksale aus Württemberg. Die Lebenswege der Dichter Hölderlin und Schiller sowie weiterer Persönlichkeiten, die im Land Spuren hinterlassen haben, werden aufgezeigt. Abwechslungsreich gestalten sich kurze Geschichten, Porträts historischer Orte, Gedichte, Sprüche und Zitate.
Manfred Henne ist Mitglied des Hölderlin-Freundeskreises.
Am Sonntag, 24. Oktober um 18 Uhr wird er im Rahmen der Aktionswoche "Baden-Württemberg liest" im Hölderlinhaus eine Lesung aus Gedichtbänden und seinem neuesten Buch "Im Lauf der Zeit" machen.
Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei!
Der gelernte Schriftsetzer Manfred Henne ist in Albstadt-Ehingen geboren. Er ist als Ehrenamtlich Beauftragter für das Landesamt für Denkmalpflege tätig. Seine Interessensgebiete sind Archäologie und Landesgeschichte.
Im Anschluss an die Lesung besteht die Möglichkeit, die Bücher zu erwerben.
Eine Teilnahme an der Lesung ist nur bei Vorliegen der 3Gs möglich.
Mitgliederinformation vom 24. September 2021
Hölderlin Freundeskreis
Klaus-Peter Waldenberger
Mozartstraße 7
74348 Lauffen am Neckar
Liebe Mitglieder des Hölderlin-Freundeskreises,
10 Jahre lang hat man sich zur Vorstandssitzung des Freundeskreises im Arbeitszimmer des Bürgermeisters getroffen, die erste Sitzung des neu gebildeten Leitungsteams fand nun im Saal des Hölderlinhauses statt – dort will man auch künftig tagen. Über die Ergebnisse dieser Vorstandssitzung würde ich gerne kurz berichten:
Im Mittelpunkt der Beratungen stand das Veranstaltungsprogramm 2021/22, das aus aktueller Sicht noch mit coronabedingten Einschränkungen belastet sein wird. Die schon im Juni 2020 terminierte Veranstaltung mit Prof. Wolfgang Urban zum Thema „Heimat bei Hölderlin“ soll am Sonntag, den 14. November 2021, 17.00 Uhr Im Hölderlinhaus stattfinden, dort ist auch die Lesung mit unserem Mitglied Manfred Henne für den Sonntag, den 24. Oktober, 18.00 Uhr eingeplant – er wird uns eigene Arbeiten vorstellen. Für den Januar wird ein vereinsinterner Neujahrsempfangkonzipiert, das Format „Wine & Dine“ soll durch Musik ergänzt werden und einen schwungvollen Start ins neue Vereinsjahr bieten.
Am Sonntag, den 20.03.2022 ist Hölderlingeburtstag, der 252.! Torte und Geburtstagsständchen sind obligatorisch. Es liegt eine Angebot für eine Uraufführung der von der Stadt Lauffen zum 250. Geburtstag bei unserem Mitglied, dem Komponisten und Sänger Stephan Storck, in Auftrag gegebenen Komposition vor (Sokrates und Alcibiades, Gesang für 4 Stimmen und 16 Ausführende) – hier sind noch die finanziellen Rahmenbedingungen zu klären.
Die für den Sommer 2022 angedachte Exkursion nach Bordeaux soll aufgrund der Unwägbarkeiten der Pandemie ein Jahr später organisiert werden, als Ersatz ist im kommenden Jahr ein Besuch des neu gestalteten Hölderlinturms Tübingen und der Umbauarbeiten im Hölderlinhaus Nürtingen im Frühjahr vorgesehen.
Um die Mitglieder stärker in das Vereinsgeschehen und auch die Programmplanung einzubinden, wird in einem 2monatigen Rhythmus zum Stammtisch ins Hölderlinhaus eingeladen, erstmals im November 2021. Die Abendtermine finden entweder montags oder donnerstags, 18.00 Uhr statt und immer wird der Abend mit einem inhaltlichen Impuls starten. Der soll nicht auf Hölderlin beschränkt sein, sich aber entweder mit unserer Stadt Lauffen am Neckar oder mit Literatur befassen.
Den Start macht am 25.11.2021 Uwe Grosser mit der Vorstellung des neuesten Buches „Monschau“ von Steffen Kopetzky, im Januar dann der Neujahrsempfang und am 7. März 2022 würde ich Ihnen gerne das Hölderlingedicht „Mein Eigentum“ vorstellen. Es würde mich sehr freuen, wenn schon jetzt aus dem Kreis der Mitglieder weitere Vorschläge für Impuls-Beiträge kämen und wir gemeinsam einen Termin finden würden. Bitte melden Sie sich bei mir!
Alle schon feststehenden Termine zum Vormerken:
Sonntag, 24.10.21, 18.00 Uhr, Hölderlinhaus – Manfred Henne, Gedichte und Prosa
Sonntag, 14.11.21, 17.00 Uhr, Hölderlinhaus – Prof. Wolfgang Urban, Heimaterfahrung und Vision bei Hölderlin
Donnerstag, 25.11.21, 18.00 Uhr, Hölderlinhaus – Stammtisch mit Uwe Grosser, „Monschau, Steffen Kopetzky“
Montag, 07.03.22, 18.00 Uhr, Hölderlinhaus – Stammtisch mit Klaus-Peter Waldenberger, „Mein Eigentum“
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Klaus-Peter Waldenberger
Vorsitzender
Lauffen am Neckar
Mozartstraße 7
74348 Lauffen am Neckar
Tel: 07133/ 106 -10, 205520
Fax: 07133/ 106 -19
E-Mail: k.p.waldenberger@lauffen.de
Homepage: www.hoelderlin-freundeskreis.de
„Hölderlin leuchtet“ für die Lauffener Grundschulen
Sommerbrief vom Vorsitzenden Klaus-Peter Waldenberger an die Mitglieder
Hölderlin Freundeskreis
Klaus-Peter Waldenberger
Mozartstraße 7
74348 Lauffen am Neckar
Liebe Mitglieder des Hölderlin-Freundeskreises,
in der Jahreshauptversammlung unseres Vereins wurde am 13. Juli 2021 für die kommenden beiden Jahre ein neuer Vorstand gewählt - unsere langjährige Vorsitzende Gerlinde Endriß hat sich aus familiären Gründen kurzfristig dazu entschieden, den Vorstand nach 10 Jahren zu verlassen. Ich möchte den Beginn meines Mitgliederbriefes dazu nutzen, ihr für ihren großartigen Einsatz herzlich zu danken. Es war Pionierarbeit, die sie seit dem Jahr 2011 zu leisten hatte, immer den Blick auf das Jubiläumsjahr 2020 gerichtet.
Im kommenden Herbst wollen wir Sie, die Mitglieder zu einer literarischen Veranstaltung einladen, die der Rahmen für ein Dankeschön unserer Vereinsfamilie an Gerlinde Endriß sein soll. Über Ihr zahlreiches Erscheinen würde ich mich freuen.
Seit 2011 war ich der Stellvertreter von Gerlinde Endriß, nun hat mich die Versammlung zum neuen Vorsitzenden des Freundeskreises gewählt. Für dieses Vertrauen bedanke ich mich aufrichtig. Zusammen mit Andrea Täschner als Stellvertreterin, Karl-Ernst Schmitt als Schatzmeister, Franz Kosel als Schriftführer und Uwe Grosser als neues Vorstandsmitglied kann ich auf ein erfahrenes Team bauen, das mich bei der Arbeit für Friedrich Hölderlin in Lauffen am Neckar begleiten wird.
Wichtig ist mir erfolgreiche Kooperation, mit der Hölderlin-Gesellschaft Tübingen, den Hölderlinstädten sowie mit dem städtischen Kulturprogramm "bühne frei" und der BÖK und natürlich dem Hölderlinhaus. Es muss und es soll auch nicht immer nur um Hölderlin gehen, Musik und Tanz sollen in unserem Programm ihren Platz finden und die Zusammenarbeit im Verein wird wie schon in den vergangenen 10 Jahren Priorität haben. Was plane ich konkret?
- die Belebung des Stammtischformates. Nun aber im Saal des Hölderlinhauses und als Impuls sollte immer zu Beginn ein Mitglied über ein Gedicht, ein Buch oder Selbstgeschriebenes erzählen.
- Für den Sommer 2022 würde ich Ihnen die Organisation der Bordeaux-Reise anbieten, von der Frau Endriß in ihrem Januar-Brief erzählt hat. Geplant sind vorerst 3 Tage mit 2 Übernachtungen.
- Immer vor der Sommerpause sollen Sie eine kleine Jahresgabe des Vereins erhalten - heute ist es das druckfrische "Spuren"-Heft des DLA Marbach zum neuen Hölderlinhaus Lauffen.
- Die Unterstützung der Hölderlin-Arbeit in den Lauffener Schulen beginnt im Herbst mit den beiden Grundschulen. Sie erhalten von uns einen Klassensatz „Hölderlin in einfacher Sprache“. Es ist das Begleitheft zu einer aktuellen Ausstellung im Tübinger Turm, ein wunderbar gestaltetes und verständliches Buch von Stephanie Jäckel mit dem inspirierenden Titel "Hölderlin leuchtet".
Druckfrisch erschienen ist auch der Begleitband zu Haus und Dauerausstellung in Lauffen - 160 Seiten stark, mit Fotos und allen Texten aus der Ausstellung und dem Audioguide, erhältlich im Museumsshop.
Nach der Sommerpause wird sich der neue Vorstand treffen, um unter den dann gegebenen Voraussetzungen ein Veranstaltungsprogramm 21/22 zu erarbeiten. Schon jetzt können wir uns auf eine Lesung unseres Mitglieds
Manfred Henne freuen, die für den Oktober 2021 vorgesehen ist.
Bis dahin wünsche ich Ihnen viel Freude mit dem Spuren-Heft, einen erholsamen Sommer und freue mich auf zahlreiche Impulse, Anregungen und Gedanken aus dem Kreis der Mitglieder.
Ihr
Lauffen am Neckar, Juli 2021
Bericht im Lauffener Bote vom 5.8. über die Mitgliederverammlung vom 13. Juli
Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger neuer Vorsitzender des Hölderlin-Freundeskreises
Die Mitgliederversammlung des Hölderlin-Freundeskreises, die nach etlichen durch Corona bedingten Verschiebungen am 13. Juli im Klosterhof stattfand, brachte einen Wechsel im Amt des Vorsitzenden. Frau Gerlinde Endriß, die den Freundeskreis seit seiner Gründung 2011 mit großem Engagement geführt hatte, trat aus familiären Gründen nicht mehr an. Als Nachfolger wählte die Versammlung ihren bisheriger Stellvertreter Klaus-Peter Waldenberger. Neue stellvertretende Vorsitzende wurde Andrea Täschner. Ihren Platz als Beisitzer nimmt nun der ehemalige Kultur-Redakteur der Heilbronner Stimme Uwe Grosser ein. Karl-Ernst Schmitt als Schatzmeister und Franz Kosel als Schriftführer wurden in ihren Funktionen bestätigt.
Den Wahlen waren die Rechenschaftsberichte der scheidenden Vorsitzenden und des Schatzmeisters vorausgegangen. Während Gerlinde Endriß nochmals die für das Jubiläumsjahr 2020 vom Freundeskreis geplanten Veranstaltungen in Erinnerung rief, (von denen nur der „Hyperion“ des Tübinger Landestheaters zur Aufführung kam), präsentierte Karl-Ernst Schmitt den anwesenden Mitgliedern des Freundeskreises die aktuellen Daten zu Finanzen und Mitgliederzahlen des Vereins.
Wie der neue Vorsitzende Klaus-Peter Waldenberger in seinem Schlusswort den Anwesenden mitteilte, soll die angemessene Verabschiedung von Frau Endriß in einer späteren gesonderten Veranstaltung erfolgen.
Neujahrsbrief von Frau Gerlinde Endriß an die Mitglieder
Liebe Mitglieder des Hölderlin-Freundeskreises,
in meinem letzten Schreiben an Sie vom Januar 2019 hatte ich in einer Vorschau auf die zahlreichen Veranstaltungen zu Ehren von Hölderlins 250. Geburtstag im Jahr 2020 hingewiesen. Dass die meisten davon ausfallen würden, hätte ich mir damals nicht vorstellen können. Beim Durchblättern des Programm-Katalogs für das Jubiläumsjahr wird mir bewusst , wie viele Lesungen, Konzerte, Theateraufführungen, Vorträge und Tagungen coronabedingt ausfallen mussten. So konnten in Lauffen weder der Festakt zum
250. Geburtstag Hölderlins und zur Eröffnung des Hölderlinhauses am 20. März
noch die Jahrestagung der Hölderlin-Gesellschaft im Juni stattfinden.
Großes Glück hatte unser Freundeskreis:
So durfte die von uns verantwortete Aufführung des Theaterstücks „Hyperion“ nach dem Briefroman von Friedrich Hölderlin mit dem Landestheater Tübingen am letzten Tag vor dem 2. Lockdown – am 1. November 2020 – mit zwei Veranstaltungen und unter Einhaltung von Hygieneregeln noch über die Bühne gehen. Viele von Ihnen haben vermutlich diese denkwürdige Inszenierung gesehen. Sie hat die Zuschauer tatsächlich gefordert und der Eine oder Andere mag auch enttäuscht gewesen sein. Aber Hölderlins „Hyperion“ ist eben weder einfach zu lesen noch einfach auf die Bühne zu bringen.
Kommen wir zurück und schauen in die Zukunft:
Ende März/ Anfang April 2021 sollte satzungsgemäß unsere nächste Mitgliederversammlung mit Neuwahlen stattfinden. Ich werde dann nach 10 Jahren als 1. Vorsitzende – wie bereits vor zwei Jahren angekündigt – nicht mehr für dieses Amt kandidieren. Es ist Zeit für etwas Neues – für den Freundeskreis und für mich.
Unser bei der Gründung des Freundeskreises im Mai 2011 gestecktes Ziel, Friedrich Hölderlin in seiner Geburtsstadt als Mensch und Dichter lebendig werden zu lassen, haben wir, so hoffe ich, mit zahlreichen Veranstaltungen und Projekten erreicht. Ich erinnere beispielhaft an:
die Exkursion nach Bad Homburg,
die Besichtigung des Hegelhauses in Stuttgart,
den Vortrag von Prof. Wertheimer aus Tübingen,
den Besuch des Pfarrhauses in Löchgau mit einem Umtrunk bei Charlie Pflumm-Hölderlin in Besigheim,
unser Neujahrstreffen mit Lesung aus dem Buch „ Eine Winterreise“ von Thomas Knubben im tief verschneiten Garten von Claudia Schäfer,
unser Ausflug nach Nürtingen und Umgebung im Juli 2013,
unser Kalender-Projekt mit Hans Krauss und Schülern der Werkrealschule Lauffen,
den Vortrag der damaligen Präsidentin der Hölderlin-Gesellschaft, Prof. Sabine Doering, zum Verhältnis von Hölderlin und Goethe,
den Auftritt der Musikergruppe „ Hoelder“ in der Alten Kelter,
den Besuch des Klosters Maulbronn mit Konzert des „Dover Quartet“,
die Teilnahme am Festumzug des Jubiläumswochenendes anlässlich 100 Jahre Stadtvereinigung Lauffen mit Figuren des Kunstwerks „Hölderlin im Kreisverkehr“,
die Spurensuche in Sachen Hölderlin in Tübingen mit Stadtführung und Besuch des Ev. Stifts,
unsere Neujahrstreffen mit Weinproben,
die Exkursion zum LiMo in Marbach,
die Hölderlin-Geburtstagsfeiern mit Rudolf Guckelsberger,
die Hölderlin-Kurse mit dem Philosophen Dr. Christoph Quarch mit internationalen Gästen im Klosterhof,
die Lesung mit dem Lyriker und Büchner-Preisträger 2017, Jan Wagner,
die Erstellung eines Leporello mit Hölderlin-Aphorismen und Drucken der Lauffener Künstlerin Rea Siegel-Ketros.
Ja, es ist einiges zusammengekommen im Lauf der Jahre. Meinen Traum, einer Mitgliederreise nach Bordeaux, konnte ich leider nicht verwirklichen.
Bei Ihnen, die Sie unsere Veranstaltungen mit viel Interesse besucht haben und bei den Helfern, die uns immer wieder bei deren Durchführung unterstützt haben, möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Sie haben unserem Freundeskreis Leben eingehaucht. Danken möchte ich aber auch den Mitgliedern, die im Hintergrund blieben, aber durch ihre Mitgliedsbeiträge unsere Vereinsarbeit möglich gemacht haben. Zu guter Letzt gilt mein Dank auch den Mitgliedern des Vorstands, die mich die ganzen Jahre tatkräftig unterstützt haben.
Für das eben erst begonnene Jahr 2021 wünsche ich Ihnen Zufriedenheit und Wohlbefinden.
„Behalten Sie mich immer in freundlichem Angedenken“
Gerlinde Endriß
Lauffen am Neckar, den 12. Januar 2021
Theater in Zeiten von Corona: Das Landestheater Tübingen mit „Hyperion“ zu Gast in Lauffen
„Gerade noch geschafft“ – dieser Stoßseufzer kann am besten die Gefühle derer zum Ausdruck bringen, die seit einem Jahr die „Hyperion“-Aufführung des Landestheaters Tübingen (LTT) in Lauffen geplant und vorbereitet hatten. Das Stück sollte der Beitrag des Hölderlin-Freundeskreises zum Hölderlin-Jubiläum sein und deshalb war die Erleichterung groß, als bekannt wurde, dass erst einen Tag nach dem Gastspiel der erneute Lockdown in Kraft treten würde, die Aufführung also stattfinden konnte.
Dennoch, ungeschoren von den Einwirkungen der aktuellen Corona-Krise blieb auch diese Aufführung nicht. Maskenpflicht für das Publikum während des gesamten Spiels, die Zuschauerzahl auf 40 begrenzt, und es war ein Entgegenkommen des LTT, zu dem Nachmittags- auch noch einen Abendtermin anzubieten.
Hölderlins Briefroman auf die Bühne zu bringen ist ein heikles Unterfangen, geht es in den Briefen doch weniger um das Tun und Handeln der Menschen als um ihre Gedanken und Empfindungen. Diesem Umstand versuchte die Inszenierung bereits bei der Gestaltung der Spielszene Rechnung zu tragen. Die Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum war aufgehoben, vier pavillonartige Zellen, hinter deren transparenten Wänden die vier Schauspieler aus Hölderlins Briefen las, begrenzten einen Raum, in dem auch die Zuschauer saßen. Ein Klangteppich und eine spezielle Beleuchtung markierten ihn als Ort nicht eines äußeren Geschehens, sondern eines inneres Erlebens. In der Mitte eine runde, leicht erhöhte Spielfläche, auf der im Wechsel die Schauspieler in einer Art Pantomime das in den Briefen Ausgesprochene körperlich Ausdruck verliehen. Dies geschah auf vielfältige und einfallsreiche Weise. Etwa mit Hilfe eines Kapuzenpullovers, mit dem ein Schauspieler Hyperions Streben anschaulich machte, sich der Welt zu öffnen, „eins zu sein mit Allem, was lebt!“, wie auch sein Bedürfnis, sich von der Welt abzuwenden und sich in sein Inneres zu verschließen. Dabei verkörperten die Darsteller nicht einfach die Figuren des Romans. Die Person, der die Schönheit Diotimas zur Offenbarung einer höheren Wahrheit wird, hat männliche wie weibliche Züge. Und die kriegerische Begeisterung, die Hyperion in den Krieg ziehen lässt, verkörpert eine Darstellerin, die wie eine asiatische Kampfsportlerin agiert. Vieles bleibt dabei für unterschiedliche Ausdeutungen offen. Was etwa stellt die gedrückte Gestalt dar, die immerfort ein Rad dreht? Die unaufhörlich fließende Zeit, die nichts Bleibendes in der Welt zulässt, das unerbittliche Schicksal, in dessen Mahlsteinen Menschen zerrieben werden?
Gut gelungen ist der Schluss der Inszenierung: Wenn am Ende alle vier Darsteller in Coronaschutzkleidung auf die Bühne kommen und in den dort vorhandenen Recordern die Kassetten wechseln, werden wir als Zuschauer auf nachvollziehbare Weise aus Hölderlins Sprach- und Erlebniswelt wieder in das Stimmengewirr unserer Zeit entlassen.
Von den zahlreichen Veranstaltungen zu Hölderlin der letzten Jahre zählt die Inszenierung von Carina Riedl, von der auch die Textfassung stammt, zu den anspruchsvollsten und auch zu denen, die die Besucher am meisten forderten.
Und was den Aufwand an Bauten, an elektronischer Technik, an Ton- und Lichtregie betrifft, war es sicher eine der aufwendigsten und ambitioniertesten, die in Lauffen je zu sehen war. Auch deswegen und nicht nur wegen der besonderen der Pandemie geschuldeten Umstände wird dieses denkwürdige Gastspiel noch lange in Lauffen in Erinnerung bleiben.
Text: Franz Kosel
Fotos: zur Verfügung gestellt vom Landestheater Tübingen aus anderen Veranstaltungen, Fotograf: Tobias Metz
Gefördert vom Literaturland Baden-Württemberg
Literatur als Lesevergnügen und Stoff für interessante Gespräche
Diese Erfahrung Menschen nahezubringen und erleben zu lassen ist das Anliegen des ehemaligen Lehrers Franz Kosel vom Hölderlin-Gymnasium.
Auch im Jahr 2020 stellt der Lauffener Bote jeden Monat jeweils Menschen vor, die in Lauffen a.N. aktiv sind. Dieses Jahr geht es um Personen, die sich rund um den 250. Geburtstag von Hölderlin engagieren oder einen Beitrag zur Lese- und Literaturförderung in unserer Stadt leisten. Ulrike Kieser-Hess führt hierzu zwölf Interviews. Lesen Sie in diesem Boten das neunte Porträt des Jahres 2020.
35 Jahre Leiter eines Lesekreises, über 200 besprochene Bücher aus unterschiedlichsten Epochen und von unterschiedlichen Autoren machen deutlich, mit welchem Engagement und Freude er sich der Leseförderung verschrieben hat. Als Dreijähriger war er 1946 nach der Vertreibung aus Südmähren mit seinen Eltern erst ins Weinsbergertal gekommen, dann ins für ihn ungeliebte Böckingen, „wo die Kinder noch in den Ruinen Krieg spielten“. Da stellten die Freude am Lesen und sein Dienst als Ministrant eine Gegenwelt dar, die den Jungen geprägt hat. Lachend erinnert er sich an die ersten Romane, die er damals verschlungen hat, Ludwig Ganghofers „Der Jäger von Fall“ und „Die Martinsklause“.
Nach dem Abitur am Justinus-Kerner-Gymnasium studierte er Deutsch, Geschichte und katholische Theologie in Tübingen mit einem kurzen Abstecher nach Wien. Die kulturträchtige Stadt an der Donau hat ihm gutgetan und ihm mit Theater und Oper neue literarische und musikalische Erlebniswelten erschlossen. Mit Hölderlin hat er sich im Studium nicht speziell beschäftigt. Er war ihm aber bereits in der Schule begegnet, wo er, als jeder sein Lieblingsgedicht vorstellen sollte, Hölderlins „Andenken“ vortrug. „Es war die unerklärliche Magie dieser Sprache, die mich faszinierte, und sein bewegendes Schicksal, das hinter dieser Dichtung stand.“
1972 bekam er am Hölderlin-Gymnasium seine erste Lehrerstelle, Schwerpunkte: Religion und Deutsch. Neben dem Unterricht führte er damals zahlreiche Theaterfahrten mit Schülern nach Heilbronn durch. „Intendant Klaus Wagner war ein Glücksfall für Heilbronn. Sein vielseitiges Repertoire und seine kluge, am Zuschauer orientierte Aufführungspraxis waren gerade auch für Jugendliche ideal.“ 1985 schließlich wurde der Literaturgesprächskreis ins Leben gerufen und Lehrer Kosel freute sich, „dass ich das, was ich gerne mache, nämlich mich mit Literatur zu beschäftigen, auch mal außerhalb der Schule mit Erwachsenen und ohne Lehrplan tun konnte“. Es sollte ein wirklicher Gesprächs-Kreis sein, in dem jeder, so er will, seine Eindrücke von dem Gelesenen äußern kann. Im Zeitraum eines Winterhalbjahres werden sechs Titel gelesen und besprochen. Sie sind einem Rahmenthema zugeordnet, so dass inhaltliche Bezüge wie auch Unterschiede zwischen den Werken erkennbar werden. „Es ist interessant, wie vielfältig und unterschiedlich Texte wahrgenommen werden und wie groß der Ertrag für das eigene Verständnis des Werkes dabei ist.“ Nicht die Vorbereitung der einzelnen Sitzung stellt für ihn inzwischen die anstrengendste, aber auch wichtigste Aufgabe dar, sondern die Auswahl der zu lesenden Titel. „Auf dem heutigen Buchmarkt wird es zunehmend schwieriger zu erkennen, was wirklich lesenswert ist.“ Nur einmal ist Franz Kosel mit einem Buchvorschlag komplett durchgefallen: „Es war der satirische Blick in ein Frauenmagazin für Kosmetik und Mode“. Ansonsten liest sich die Leseliste des Literaturkreises, der zur Zeit im „Senfkorn“ beheimatet ist, wie eine Empfehlungsliste nach dem Motto: „Diese Bücher sollten Sie gelesen haben“.
Seit 2011 ist Franz Kosel im Vorstand des Hölderlin Freundeskreises und dies sehr gern. „Die Entwicklung in Lauffen in Sachen Hölderlin macht mir große Freude“. Bei den Exkursionen des Freundeskreises zu verschiedenen Hölderlinorten war er Mitorganisator und konnte dabei seine Erfahrungen bei Planung und Durchführung von Städtereisen des Albvereins nutzen. „Viele in Lauffen“, so gibt er zu bedenken, „machen sich nicht klar, welche Chancen für die Stadt das Hölderlinhaus darstellt. Schließlich besitzt der Ort nun eine zusammenhängende Kulturmeile, die vom Kreisverkehr bis zum Kiesplatz führt, der mit Fluss, Brücke, Burg, Weinberg und urwüchsiger Natur eine Topographie bietet, die sich auch bei Hölderlin findet.“ Lauffen könnte erreichen, „was Marbach gelungen ist, dass nämlich der Ortsname mit dem Namen des Dichters im Laufe der Zeit für immer mehr Menschen eine enge Verbindung eingeht.“ Als vor kurzem in einer bekannten Fernseh-Quizsendung nach „der Wein- und Hölderlinstadt in Deutschland“ gefragt wurde, hieß die richtige Antwort bereits: Lauffen am Neckar.
Text und Foto: Ulrike Kieser-Hess
„Was ist eigentlich das Besondere an der Dichtung Hölderlins?“
Franz Kosel vom Hölderlin-Freundeskreis Lauffen a.N.
Immer wieder werden Hölderlin-Freundeskreis und Stadtverwaltung gefragt „Was ist eigentlich das Besondere an der Dichtung Hölderlins?“ oder auch „Sagen uns diese Texte auch heute noch etwas?“ Hierzu einige Anmerkungen von unserem Vorstandsmitglied Franz Kosel:
1.
Was bleibet aber, stiften die Dichter
Dieser Satz aus Hölderlins Gedicht Andenken mag in manchen Ohren recht anmaßend klingen. Gibt es denn etwas Flüchtigeres und Vergänglicheres als einige auf Papier geschriebene Worte? Und diese sollen unvergänglich sein? Freilich – fast alles, was zu Hölderlins Zeit in Wissenschaft und Technik, in Gesellschaft und Politik aktuell war, ist inzwischen verändert, verbessert oder durch anderes ersetzt worden.
Spitzenwerke aus vergangener Zeit in Dichtung, Musik oder bildender Kunst erregen dagegen bis heute unsere Bewunderung. Ihre Schönheit ist zeitlos, es wäre absurd, sie verändern oder verbessern zu wollen. Wir nennen sie „klassisch“. Nur wenigen Künstlern gestehen wir zu, solche Werke geschaffen zu haben. Beethoven etwa und auch Hölderlin, die beide in diesem Jahr ihren 250ten Geburtstag feiern.
2.
Doch ist mir einst das Heil´ge, das
am Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen
So steht es im Gedicht An die Parzen, in dem Hölderlin die Schicksalsgöttinnen anfleht, ihm genügend Lebenszeit zu schenken, damit er erreiche, was ihm so sehr am Herzen liegt: das Gedicht, das seinen hohen Ansprüchen genügt. Diesem Ziel, diesem unbedingten Kunstwillen hat Hölderlin alles in seinem Leben untergeordnet. Seine „exzentrische“, so außerhalb des Gewohnten verlaufende Lebensbahn berührt bis heute viele Menschen. Wie bei kaum einem anderen Künstler sind bei ihm Leben und Werk eng miteinander verbunden. Deshalb kommt jeder, der sich von einem seiner Texte ansprechen lässt, Hölderlin auch als Person nahe. Viele haben Gedichte wie Lebenslauf, Schicksalslied, Hälfte des Lebens verinnerlicht, weil sie eine Wahrheit auch ihres Lebens zum Ausdruck bringen. Immer wieder zitiert, sind sie ein Teil unseres kulturellen Erbes geworden.
3.
Wie der Vogel des Walds über die Gipfel fliegt,
Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänzt,
Leicht und kräftig die Brücke,
Die von Wagen und Menschen tönt.
Dies ist die zweite Strophe in Hölderlins Gedicht Heidelberg, in der die berühmte Neckarbrücke der Stadt beschrieben wird. Hölderlin wählt eine Form, die für uns ungewohnt ist: ohne Endreim, mit unterschiedlich langen Versen und in einer ganz bestimmten Abfolge von betonten und unbetonten Silben, die sich mit folgendem metrischen Schema darstellen lässt:
Dabei bedeutet der waagrechte Strich eine betonte Silbe, der halbe Kreis eine unbetonte Silbe, der senkrechte Strich eine kurze Pause. Alle acht Strophen dieses Gedichtes entsprechen genau diesem Schema, haben also in jedem entsprechenden Vers dieselbe Zahl von Silben und dieselbe Abfolge von Betonungen und Senkungen, was jeder unschwer nachprüfen kann.
Unfassbar, wie es Hölderlin schafft, diese komplizierte Strophenform zu bewältigen, ohne dass seine Sprache konstruiert und künstlich wirkt, sondern präzis im Ausdruck und frei fließend, als könne das Gesagte gar nicht anders ausgedrückt werden. Nur wenige deutsche Dichter haben sich an diese Versformen aus dem antiken Griechenland gewagt. Keiner hat sie so beherrscht und mit Leben erfüllt wie Hölderlin.
Warum wählt er diese unfassbar schwere Form? Wäre es mit Endreim und freien Rhythmen nicht einfacher gegangen? Diese gibt es bei ihm auch, aber der besondere unverwechselbare Ton seiner Dichtung ist dieser Konzentration auf die vorgegebene strenge Form geschuldet – ein Ton, der beim lauten Lesen am besten erfahrbar wird. Nicht das Subjektive und Gefühlvolle, sondern das Objektive und immer Gültige einer Sache bringt seine Dichtung zum Ausdruck, wie es die Strophe über die Neckarbrücke zeigt.
Hölderlins intensive Arbeit mit der Sprache hat neue Sprachräume erschlossen und den Bereich unserer Ausdrucksmöglichkeiten erweitert. Und da die Grenzen unserer Sprache auch die Grenzen unseres Denkens sind, entdecken wir bei ihm vieles, was vor ihm so noch nicht zur Sprache gebracht wurde. Vor allem in den späten Gedichten finden sich Stellen, die sich in einer gleichsam tastenden Weise um das gerade noch Sagbare bemühen. Dies erklärt, warum bedeutende Denker und Dichter wie Nietzsche und Celan sich intensiv mit Hölderlin beschäftigt haben.
4.
Oder ist nicht göttlich, was ihr höhnt und seellos nennt? Ist besser, denn euer Geschwätz, die Luft nicht, die ihr trinkt? Der Sonne Strahlen, sind sie edler nicht, denn all ihr Klugen? Der Erde Quellen und der Morgentau erfrischen euern Hain; könnt ihr auch das? Ach! töten könnt ihr, aber nicht lebendig machen, wenn es die Liebe nicht ist, die nicht von euch ist, die ihr nicht erfunden.
An vielen Stellen spricht uns Hölderlin aber auch direkt an. Hier mit Worten Hyperions aus seinem gleichnamigen Roman. Er ist nicht nur der Dichter des hohen Tons und der kunstvoll gebauten Gedichte. Er kann auch klagen, sich empören, mahnen und fordern, wenn vernünftiges Handeln und sinnvolles Leben bedroht ist, wenn es um Freiheit und Frieden unter den Menschen und mit der Natur geht.
5.
Komm! Ins Offene, Freund!
Wie sollen wir Hölderlins Geburtstag feiern? Wer ihm „ins Offene“ folgen will, darf nicht nur zurück, sondern muss auch nach vorne blicken. Wir sollen die Erinnerung an ihn und sein Werk lebendig erhalten und dürfen mit Dankbarkeit und ein wenig Stolz seinen Geburtstag feiern. Dabei sollten wir beherzigen, was uns Hölderlin – auch im Blick auf sein dichterisches Werk – rät:
Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,
Dass er, kräftig genährt, danken für Alles lern´,
Und verstehe die Freiheit,
Aufzubrechen, wohin er will.
Die Ideen gehen ihr nie aus
Seit 2011 ist Gerlinde Endriß 1. Vorsitzende des Hölderlin-Freundeskreises und das mit viel Freude am Amt
Auch im Jahr 2020 stellt der Lauffener Bote jeden Monat jeweils Menschen vor, die in Lauffen a.N. aktiv sind. Dieses Jahr geht es um Personen, die sich rund um den 250. Geburtstag von Hölderlin engagieren oder einen Beitrag zur Lese- und Literaturförderung in unserer Stadt leisten. Ulrike Kieser-Hess führt hierzu zwölf Interviews. Lesen Sie in diesem Boten das vierte Porträt des Jahres 2020.
Als die Juristin Gerlinde Endriß vor neun Jahren gefragt wurde, ob sie sich denn vorstellen könnte, im neu zu gründenden Hölderlin-Freundeskreis mitzuarbeiten, hat sie kurz überlegt und dann ja gesagt. Ohne zu ahnen, dass sie am Gründungstag im Mai 2011 noch auf eine Zusatzfrage gefasst sein musste, nämlich die von Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger, ob sie denn auch bereit sei, den Vorsitz zu übernehmen. „Ich war zwar total überrascht“, erinnert sie sich heute noch an den Moment. Sie hat damals wieder ein bisschen überlegt und dann zugesagt, „ja das kann ich mir vorstellen, das bekomme ich hin“.
Für Gerlinde Endriß, die vor ihrem Ruhestand als Richterin am Landessozialgericht in Stuttgart gearbeitet hat, war klar, „bei einer Vereinsführung nutzen mir meine juristischen Vorkenntnisse, außerdem habe ich in der Nachberufsphase mehr Zeit, bin beharrlich und habe viele Ideen“. Ganz am Anfang fehlte ihr noch: „der Musenkuss, den viele Hölderlinfans haben“. Sie musste sich behutsam diesem Dichter nähern, „ihn erst mal kennenlernen“. Denn als Juristin, mit dem Hobby Sport und Hunde, sah sie sich in Sachen Literatur zunächst als Quereinsteigerin. Heute ist sie eine große Hölderlin-Bewunderin, „aber ich bin immer noch eine Lernende in Sachen Hölderlin, das hört nie auf“. Aber in Zukunft gesteht sie lächelnd, „muss auch mal Schluss sein mit lernen, dann geht es ans Genießen, denn Hölderlin tut einem gut“. Mit seinen Briefen hat sie ihr privates Literaturstudium begonnen, hat sich mit Marcel Reich-Ranicki seinen Gedichten genähert, mit Wolfram Groddeck Hölderlins Elegie „Brod und Wein“ studiert, bei Kursen mit dem Philosophen Christoph Quarch „Tempo in Bezug auf Hölderlin aufgenommen“ und dabei schnell ein Ziel für ihren Freundeskreis gefunden: „die Bevölkerung anzusprechen und vermitteln, dass man Hölderlin verstehen kann“. Das hat sie im Laufe der Jahre einiges an Kraft gekostet, manches Mal war sie schon gefrustet, „manches geht man mit viel Idealismus an und scheitert dann trotzdem, so ist es uns leider mit unseren didaktischen Zielen ergangen, die nicht so angenommen wurden, wie wir uns das vorgestellt haben“. Aber für Gerlinde Endriß überwiegt bei weitem die Freude an ihrem Amt. Denn: „ich habe so viel Neues, so viele interessante Menschen kennengelernt, habe Ausflüge, Konzerte, Lesungen und Kurse initiiert und durchgeführt und konnte viele Ideen verwirklichen“ - da spürt man auch im Gespräch ihre Begeisterung, ihr Engagement für ihren Freundeskreis. „Allerdings hätte ich das ohne die tatkräftige Hilfe der Vereinsmitglieder nicht geschafft“.
Sie weiß gar nicht womit sie anfangen soll zu erzählen von den kleinen und großen Highlights, vielleicht mit: den Leporellos mit Rea Siegel, dem Hölderlinkalender gestaltet von Schülern der Werkrealschule und Hans Krauss mit dem Leseabend mit Büchner-Preisträger Jan Wagner, dem SRW Sprecher Rudolf Guckelsberger oder die Ausflüge zu Hölderlins Orten. Gerlinde Endriß lacht, „am Anfang habe ich noch gedacht, wir müssten unbedingt auf Hölderlins Spuren nach Bordeaux, aber man wird bescheidener“. Wenn sie heute am neuen, super renovierten Hölderlinhaus in der Nordheimer Strasse vorbei kommt, denkt die Vorsitzende des Freundeskreises sofort an das Kinderfest 2014, als nämlich der Festwagen des Freundeskreises schon der Umzug in das Haus vorweg nahm, unter dem Motto „wir ziehen um“. „Das hat ja jetzt geklappt“ freut sich Gerlinde Endriß, denn „ das Hölderlin Haus und seine Instandsetzung war eines der Ziele des Freundeskreises“. Fürs Jubiläumsjahr hat der Freundeskreis mit seinen rund 90 Mitgliedern ein weiteres Hölderlin Bonbon im Angebot. Im November wird das Landestheater Tübingen mit seinem „Hyperion“ in Lauffen gastieren, „Wir haben uns für was ganz Besonderes entschieden“, verrät Gerlinde Endriß stolz.
Für die Zukunft wird Gerlinde Endriß das Genießen in den Vordergrund schieben, den Freundeskreis-Vorsitz im Frühjahr 2021, nach zehn Jahren, abgeben, „der Verein läuft“, im Vorstand gerne noch dabei sein, Hölderlintexte als Wellnessprogramm betrachten, sich zusammen mit ihrem Mann Michael um ihre zwei Hunde kümmern und worauf sie sich besonders freut: „öfters mal meinen zweieinhalb Jahre alten Enkel in Köln besuchen“.
Text: Ulrike Kieser-Hess
Foto: privat
Verwalten hat auch immer etwas mit gestalten zu tun
Das Hölderlinhaus soll ein Ort der Begegnung werden, das wünscht sich Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger zu Hölderlins Geburtstag am 20. März
Auch im Jahr 2020 stellt der Lauffener Bote jeden Monat jeweils Menschen vor, die in Lauffen a.N. aktiv sind. Dieses Jahr geht es um Personen, die sich rund um den 250. Geburtstag von Hölderlin engagieren oder einen Beitrag zur Lese- und Literaturförderung in unserer Stadt leisten. Ulrike Kieser-Hess führt hierzu zwölf Interviews. Lesen Sie in diesem Boten das dritte Porträt des Jahres 2020.
Der Leistungskurs Deutsch kann von Vorteil sein, wenn man einmal Bürgermeister von Lauffen am Neckar wird. Das kann Klaus-Peter Waldenberger, seit 1999 Chef der Stadtverwaltung, bestätigen. Denn am Nikolaus-Kistner-Gymnasium in Mosbach hatte der viel lesende Schüler mit der Vorliebe für Gedichtinterpretationen den ersten Kontakt zum berühmtesten Sohn unserer Stadt.
Als er sich um den Posten des Bürgermeisters in Lauffen bewarb wusste er: „Wer sich in Lauffen um das Amt des Schultheißen von Stadt und Dorf bemüht, sollte sich für Wein interessieren, idealerweise für Baudenkmale, aber unverzichtbar für Literatur“.
Denn schon um die Jahrtausendwende war dem Verwaltungsteam klar, es muss nicht nur der Weinbau gefördert und viel historische Bausubstanz saniert werden, 2020 steht ein runder Geburtstag ins städtische Haus und jetzt sogar ins Hölderlin Haus an der Nordheimer Strasse 5., der
250. Geburtstag des Dichters. Für alle Verantwortlichen galt es nun dem Geburtstagskind einen würdigen Rahmen für seine Feier zu bereiten, die Voraussetzungen zu schaffen „für eine starke, eindrucksvolle Präsentation“.
Einiges hat Lauffen da schon zu bieten, ein Hölderlinkunstwerk, das 2003 von dem Künstler Peter Lenk gestaltet wurde, Beschriftungen mit Hölderlin Sentenzen an Häuserwänden, ebenso wie einen Hölderlin Freundeskreis, der 2011 auf Initiative des Bürgermeisters gegründet wurde, eine Hölderlinbeauftragte der Stadt, ebenso wie Bürger, die die Vorhaben zu Ehren des Dichters ideell und auch finanziell unterstützen. „Immerhin haben wir in Lauffen den einzigen komplett authentischen Ort, an dem Hölderlin gelebt hat. Alle anderen Bauwerke in den anderen Städten sind Nachbauten“.
Seine Stärken zum Wohle der Stadt einzusetzen ist für Klaus-Peter Waldenberger immer Ziel seiner Kommunalpolitik. Die Finanzierung, die Beschaffung von Fördergeldern für die Renovierung des Hölderlinhauses gehören da dazu, aber auch der Antrag das Haus und seine Umgebung ins Sanierungsprogramm des Landes einzubinden. Alles hat geklappt und nun kann zusammen mit dem Klosterhof ein Begegnungsort entstehen, der neben dem Gedenken an den Dichter „wir wollen uns besonders dem Menschen Hölderlin nähern“, auch eine Anlage für Konzerte, Lesungen, Trauungen, Sitzungen und vieles mehr bietet.
An die Zeit, als für ihn mit Lauffen auch die Sache mit Hölderlin immer mehr ins Blickfeld rückte, erinnert sich der Rathauschef gut, „Hölderlin wurde mir damals immer mit dem Vornamen verrückt vorgestellt“. Das wollte er so nicht stehen lassen, hat sich und seine Familie ins Hölderlinverstehen eingebunden, „wir haben im Urlaub gemeinsam schon mal das eine oder andere Gedicht auswendig gelernt“ und rät er schmunzelnd, man sollte sich einfach eines heraussuchen und hinterfragen, wie er es vor einigen Jahren mit dem Gedicht „Andenken“ gemacht hat. Es spielt in Bordeaux, wo der Dichter einige Monate als Hauslehrer tätig war, und man erlebt Landschaften, Menschen, Freundschaften, ohne dass man den letzten Sinn verstehen muss – wer sind die „braunen Frauen daselbst, auf seidenem Boden“? Ist das wirklich wichtig? Große Freude hat der Schultheiß von Dorf und Stadt Lauffen an der gekonnten Fabulierkunst des Dichters, an seiner Fähigkeit durch Sprache Bilder zu erzeugen, „oft bin ich berührt von der Tonalität Hölderlins. Ich habe eine Nähe zu ihm gefunden“.
Mit den verschiedensten Aktivitäten und Angeboten will die Stadt auch weiterhin die Annährung an Hölderlin fördern. Musical, Lesungen, Konzerte, Poetry Slams, Theateraufführungen, Vorträge und Feste sind geplant. Dem Dichter will man eine Plattform schaffen, das sieht Klaus-Peter Waldenberger als Aufgabe der städtischen Verwaltung, wobei für ihn klar und wichtig ist: „ verwalten hat auch immer etwas mit gestalten zu tun“. Lauffen ist Hölderlins Geburtsstadt und dem gilt es Rechnung zu tragen, „seine Stärken für den Dichtern und das Gemeinwesen einzusetzen.“
"Ein Kulturprojekt dieser Größe ist im Gegensatz zu einer Sporthalle, einer Mensa oder einem Kindergarten in jeder Stadt in der Diskussion und kommunalpolitisch heikel", so der Bürgermeister. Er schlägt vor, sich das bei Veranstaltungen und im Bürgerbüro kostenlos verfügbare Jahresprogramm Hölderlin 2020 zu besorgen. Auf 280 Seiten werden über 600 Veranstaltungen in ganz Deutschland vorgestellt. "Dann kann man sich ein eigenes Urteil bilden, ob sich die Geburtsstadt Lauffen in diesem Jahr zu viel oder zu wenig engagiert".
Text u. Foto: Ulrike Kieser Hess
Komm! ins Offene! Der Hölderlin-Freundeskreis zu Gast im Hause Schunk
Der musikalisch-poetische Abend mit Wolfgang Jellinek war ein schöner Abschluss des Jahres und ein Versprechen für das Hölderlinjahr 2020
Es war ein verheißungsvoller Schluss und ein ebensolcher Auftakt für das Hölderlinjahr 2020, der musikalisch-poetische Abend „Komm! ins Offenen!“ von und mit dem Geiger Wolfgang Jellinek. Dass der Veranstalter, der Hölderlinfreundeskreis e.V., dafür die großzügige Gastfreundschaft des Hauses Schunk, bzw. von Heinz-Dieter Schunk, genießen durfte, machte den Abend nochmal zum Erlebnis. Jellineks Auftritt, das zeigte sich bald, war zwar eine „one-man-show“, aber eben besonderen Art. Und gleich zu Beginn gab es sogar noch eine Überraschung, als er daran erinnerte: Hölderlin konnte auch Musik! Er spielte Klavier und immerhin so gut Flöte, dass ihn sein Lehrer Friedrich Ludwig Dulon beauftragte, eine Kadenz für den ersten Satz seines Flötenkonzertes zu komponieren. Die gab es dann auch – auf der Geige – zu hören. Gustav Schwab berichtete, wie Hölderlin auch noch im Tübinger Turm musizierte und u.a. zu seinem Lieblingslied „Mich fliehen alle Freuden“ von Paisiello auf dem Klavier improvisierte. Eine bessere Einstimmung für das, was noch kommen sollte, konnte es also kaum geben.
Jellinek richtete seine Wahl der Musikstücke, bekannter und auch weniger populärer Kompositionen bis in die Jetztzeit, an bekannten Passagen von Gedichten Hölderlins aus, inhaltlich aber auch vom Metrum der Verse und der Musik bestimmt. Die Kombination „Hölderlin und Musik“ ist reizvoll, aber auch herausfordernd, bei einem Dichter, dessen Sprache schon „Musik“ ist, geht es um mehr als Melodie. Jellinek traf die Wahl mit Einfühlungsvermögen, nachvollziehbar, wagte aber auch fast provokante Brüche. Für das so vielzitierte „Komm, ins offene Freund!“ wählte er Cesar Bresgens (1913 – 1988) „Fantasia nach Themen von Bach“, für die zitierte erste Strophe aus dem nicht weniger populären „Hyperions Schicksalslied“ dann Franz Bibers „Passacaglia“. Die Passacaglia. ein Schreittanz und eine Variationsform des Barock mit oft festgelegten Akkordfolgen, wirkt dabei geradezu wesensverwandt zum Takt von Hölderlins Versen. „Wesensverwandt“ waren auch die Textpassagen aus Gisela Franks „Holz“, einem Spiel um Friedrich Hölderlin), die ausgewählte Szenerie war ein teils mit „ausgedachten“, teils mit Orignaltexten gestaltetes Gespräch Hölderlins als Stiftler unter Stiftlern. Die darin angesprochene „Unzertrennlichkeit der Geister“ nahm Jellinek in seinem virtuosen Vortrag von Bachs „Ciaccona“ aus der Partita d-moll (BWV 1004) auf, auch ohne Scheu vor den Rauheiten im Spiel, wie zuvor auch schon bei Josef Matthias Hauers (1883 – 1959) „Harte Auseinandersetzung aus den Sieben Stücken op. 56).
Der Tübinger Komponist und Kirchenmusiker Gerhard Kaufmann (geb. 1944), Träger mehrerer Komponistenpreise, u.a. des Verbandes Evangelische Kirchenmusik Württemberg, war unter den Gästen, als Jellinek zum Abschluss dessen „Variationen den Frieden, den großen Frieden, herbei zu singen“ vortrug. Kein einfaches Stück, Virtuose und Zuhörer sind gefordert bei dem „langen Lied“, wie es der Komponist nennt. Es ist keine Selbstverständlichkeit bei Konzerten von zeitgenössischer Musik ein so angespannt und konzentriert lauschendes Publikum zu haben wie hier im Haus „ZERO“ bei Schunk. So zeigte der Abend dann auch auf diese Weise, dass und wie Hölderlin heute und immer wieder auf neues Verstehen stößt. Das war nicht nur für den Veranstalter und für Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger der schon besagte „gute Schluss“, es zeigte sich auch, wie die Messlatte für das angesetzt ist, was 2020 noch alles erwartet werden kann.
Text: Brigitte Fritz-Kador
Fotos: Klaus-Peter Waldenberger
WAR HÖLDERLIN VERRÜCKT?
Diese Frage konnte auch bei der am Sonntag, 21. Juli, im Klostergarten neben dem Hölderlin-Denkmal durchgeführten Lesung mit dem Neuropharmakologen Dr. Reinhard Horowski aus dessen Buch „ Hölderlin war nicht verrückt“ nicht geklärt werden.
Die Mehrzahl der sich mit der Erkrankung Hölderlins beschäftigenden Psychiater diagnostizieren eine Schizophrenie. Horowski dagegen geht in seiner Streitschrift von einer Vergiftung Hölderlins durch die Behandlung in der Autenriethschen Klinik
in Tübingen im Jahr 1806 mit dem Medikament Kalomel, einer Quecksilberverbindung, aus, wobei er Autenrieth beste Absicht unterstellt.
Durch ein weiteres verabreichtes Medikament (spanische Fliege – Cantharidin) konnte dieses Gift – so Horowski - in das Gehirn Hölderlins gelangen und die typischen neurologischen Symptome auslösen, wie verlangsamtes Denken, Gedächtnisstörungen, schwere Müdigkeit,
Schlafstörungen mit Tag- Nacht- Umkehr und allgemeine Depression. Hinzu kommen typische Veränderungen im Sozialverhalten, wie plötzliche und unbegründete Wutanfälle, generell erhöhte Reizbarkeit und Schüchternheit – Verhaltensstörungen wie sie bei
Hölderlin vorlagen. Horowski gibt aber zu, dass er sich mit der Idee einer Kalomel-
Vergiftung in den Bereich der Spekulation begebe. Seine Annahme könne aber – falls sich in irgendeinem Museum noch eine Haarlocke Hölderlins befinde – verifiziert werden durch die Untersuchung eines einzigen Haares. Schließlich dürfe bei der Betrachtung von Hölderlins Verhalten die bei der Autopsie beschriebene Aortenklappen-Stenose nicht außer Acht gelassen werden, die ihn sicherlich nachts wegen eines qualvollen Erstickungsgefühls zum Aufstehen und einem Aufenthalt an der frischen Luft gezwungen habe, wie dies von Ernst Zimmer berichtet wurde.
Am Ende der Veranstaltung stellte sich die Frage: Spielt es eine Rolle, ob Hölderlin gesund
oder krank war? Ist Hölderlin nicht vielmehr das, was seine Gedanken, sein Werk in uns
bewirken?
von Gerlinde Endriß
POETISCHES ZWIEGESPRÄCH MIT HÖLDERLIN
Lauffen feierte den 249. Geburtstag des Dichters
Die diesjährige Feier zum 249. Geburtstag von Friedrich Hölderlin wurde von drei Künstlern aus Tübingen gestaltet, die Gerlinde Endriß als Vorsitzende des ausrichtenden Hölderlin-Freundeskreises besonders herzlich begrüßte: Helge Noack, die ehemalige Leiterin des Hölderlinmuseums im Turm, die ebenfalls im Literaturbetrieb tätige Elisabeth Bohley und den als freier Musiker und Komponist in Tübingen lebenden Bernhard Mohl.
In ihrem Programm „Hölderlin-Resonanzen“ trugen sie Gedichte von Hölderlin alternierend mit Gedichten des 20. und 21. Jahrhunderts vor, was zu einem fortlaufenden poetischen Zwiegespräch zwischen diesen Texten führte. So folgte zu Beginn auf Hölderlins Ode „Der Neckar“ Friederike Mayröckers „Hölderlinturm“ – Hölderlins Naturbilder wurden so konfrontiert mit den Eindrücken der österreichischen Lyrikerin bei einem Besuch in Tübingen. Durch diese Gegenüberstellungen wurde auch erkennbar, welche Nachwirkungen – bei allen formalen und sprachlichen Unterschieden – Hölderlins Dichtkunst bei späteren Lyrikern hatte. Wenn etwa auf „Hyperions Schicksalslied“, in dem es von leidenden Menschen heißt, sie stürzten „Wie Wasser von Klippe/Zu Klippe geworfen/Jahrlang ins Ungewisse hinab“ in der Lesung das Gedicht „Der letzte Stern“ von Else Lasker-Schüler folgt, das die Brüchigkeit menschlichen Lebens in die Worte fasst: „In den Tiefen taumeln die Wasser/und drängen hin und stürzen erdenab“.
Eindrucksvoll wurden von Bernhard Mohl Gedichtvertonungen vorgetragen, der auch Hölderlins späte Jahreszeiten-Gedichte aus dem Turm zu Gehör brachte, die sich durch ihre emphatischen Bilder für eine musikalische Gestaltung eignen, wie man sie sonst von vertonten Brecht- und Biermanngedichten kennt. Die im letzten Teil des Abends präsentierten Stücke wiederum machten deutlich, was unsere Welterfahrung und Weltsicht von der Hölderlins unterscheidet. Der „Hälfte des Lebens“ und der ersten Strophe von „Brot und Wein“ mit der Anfangszeile „Rings um ruhet die Stadt“ standen nun „Auch eine Hälfte ...“ von Enzensberger und Falkners „Ringsum ruhet nichts“ gegenüber. Die erkennbaren Unterschiede konnten auch als eine kritische Anfrage an uns und unsere Zeit verstanden werden.
Nach dem herzlichen Dank an die Vortragenden klang der Abend in gewohnter Weise aus – mit Sekt und einer leckeren Geburtstagstorte und vielen anregenden Gesprächen. Eine Count-down-Installation, die Hans Krauss mit Schülern gefertigt hatte, mit denen er schon zwei Tage zuvor an gleicher Stelle Hölderlins Geburtstag gefeiert hatte, erinnerte die Anwesenden an das große Ereignis, dem wir uns nun mit jedem Tag mehr nähern:
Hölderlins 250. Jubiläumsgeburtstag 2020.
von Franz Kosel