Virtueller Lauffener Bote

Aktuelle Nachrichten

Aktuelle Nachrichten | Kast, Ingrid | 22.10.2024

Großer Andrang bei der Langen Lesenacht im Hölderlinhaus

Damit war nicht zu rechnen. Schon im vergangenen Jahr war die Lange Lesenacht im Hölderlinhaus ein Erfolg, doch diesmal wurde die Veranstaltung im Rahmen der Lauffener Literaturtage „HerbstLese“ förmlich überrannt. Mit etwa 80 Besuchern hatten die Chef-Organisatorinnen Katharina Altmann und Eva Ehrenfeld gerechnet, gekommen sind über 100. Gegangen sind sie nach gut viereinhalb Stunden Lesungen und Gesprächen beglückt bis hell begeistert. Vier Räume im Haus, vom Keller bis zum Dach, wurden zu literarischen Orten, wohl ganz im Sinne seines früheren Bewohners Friedrich Hölderlin.

Schon nach der Begrüßung durch Katharina Altmann im Hof, gab es ein erstes Schmankerl: Vom Balkon herab rezitierte Uwe Ehrenfeld absolut professionell das humorvolle Gedicht „Teleologisches“ von Heinrich Heine. Direkt danach der zweite Höhepunkt: Die 16-Jährige Sophia Lind las im Saal ihren Text „Man sagte mir mal“, der mit viel Applaus bedacht wurde. Diese Lesung war Ergebnis einer Ausschreibung am Hölderlin-Gymnasium, eigene Texte einzureichen. Nur Sophia Lind hatte sich getraut. Für ihre Leistung gab es einen kleinen Preis.

Versorgt mit Getränken vom Kir Royale über Wein bis zum Wasser, verteilten sich die Gäste danach übers Haus. Ganz oben widmete sich die Journalistin Ulrike Kieser-Hess den humorvollen Passagen aus Marianne Lekys Roman „Was man von hier aus sehen kann“, während einen Stock tiefer, im einstigen Hölderlin-Wohnzimmer, der pensionierte Kriminalbeamte Helmut Allinger vorlas. Aber keinen Krimi, sondern Passagen aus „Der Wolf“ von Hermann Hesse. Marian Kopp, Vorstand der Lauffener Weingärtner, war derweil im Keller zu erleben mit „Mein Herz so weiß“ von Javier Marias mit der Empfehlung, dazu ein Gläschen Sauvitage zu genießen. Im Saal ging es in dieser ersten Staffel um Sprache und Verständigung. Coretta Ehrenfeld las aus dem philosophischen Werk „Von Sprache zu Sprache“ von S.B. Diagne und aus dem Roman „Alte Sorten“ von Ewald Arenz. Der mit 17 Jahren jüngste Vorleser, Felix Keßler, lockte in der zweiten Runde ab 21.15 Uhr viel junges Volk in den Keller zu seiner Lesung aus „Die Känguru-Klassiker“ von Marc-Uwe Kling. Dass seine Mutter, Bürgerbüro-Leiterin Bettina Keßler, gleich anschließend aus Walter Moers' „Das Eichhorn, das rückwärts leben wollte“ vorlas, belegt, dass im Hause Keßler der Humor eine zentrale Rolle spielt. Weiter ging es kunterbunt durch die Literaturgeschichte und kreuz und quer durchs Haus mit „Valentinstag“ von Richard Ford, gelesen vom Alt-Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger, „Zwischen Gestern und Morgen“, Texte von Kurt Tucholsky, die der frühere „Stimme“-Kulturredakteur Uwe Grosser vorstellte, oder Vera Bucks „Der Algorithmus der Menschlichkeit“, für das sich wieder Marian Kopp stark machte. Gelesen wurde jeweils etwa 30 Minuten mit anschließendem Gespräch, und schon zogen die Literaturfreunde weiter: Gläser nachfüllen, nächste Lesung.

Lange Lesenacht Foto: Uwe Ehrenfeld
Lange Lesenacht Foto: Uwe Ehrenfeld

In der letzten Runde gab es noch eine ordentliche Packung Lyrik: „Zweierlei Humor“ nannte Uwe Grosser seinen Poeten-Doppelpack Ernst Jandl und Robert Gernhardt im Saal, während Katharina Altmann im Keller „Wilde Nächte!“ feierte mit romantischen, düsteren und frivolen Gedichten. Das Fazit der Besucher fiel einhellig aus: Das muss wiederholt werden. Ihr Lob reichte von „sehr berührend“ über „hätte ich so aufregend nicht erwartet“ bis zu „tolle Atmosphäre und wunderbare Texte“. gro