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Aktuelle Nachrichten | Keßler, Bettina | 10.09.2024 – 23.09.2024
Junges Kammerorchester rockt die Lauffener Stadthalle
Begeistertes Publikum dankt mit frenetischem Applaus für abwechslungsreiches Konzert von (Ba-)Rock bis Romantik
„Strings meet Drums“ lautete der Titel des Konzerts des Jungen Kammerorchesters Tauber-Franken (JKO), mit dem das Lauffener Kulturprogramm „bühne frei…“ am vergangenen Samstagabend in die Herbst-/Wintersaison gestartet ist. Wirklich Streicher und Percussion? In einem Konzert? Wie mitreißend und spannungsgeladen diese außergewöhnliche Kombination klingen kann, zeigten die knapp 30 jungen Musikerinnen und Musiker unter der engagierten und souveränen Leitung von Thomas Conrad in einem eindrucksvollen und vom Publikum begeistert gefeierten Konzert.
Klassisch zunächst der Anfang mit einer „Introduction et Allegro“ des barocken Komponisten Joseph Bodin de Boismortier (1689 – 1755). Ein wunderbar samtiger Klangteppich nimmt die Zuhörenden in Empfang, ein gelungener Einstieg. Es folgt mit der Streichersinfonie Nr. 10 von Felix Mendelssohn-Bartholdy eine der sogenannten „Jugendsinfonien“ des Komponisten, die er im Alter von gerade mal elf bis zwölf Jahren geschrieben hat. Für das JKO das perfekte Stück, um sich in den theatralischen, opernhaften Klängen der Sinfonie zu profilieren: Herrlich die zarten, fast gehauchten Pianostellen, die das hohe Niveau des Klangkörpers für jeden im Saal spürbar machen. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass hier keine Profis auf der Bühne sitzen, sondern junge Talente, die in einem zehntägigen Ferienworkshop dieses beachtliche Niveau erreichen.
Mit dem dritten Stück kommen endlich die Drums ins Spiel – und wie! Wirkt Solist und Bundespreisträger Kristian Koppanyi noch etwas zurückhaltend beim Betreten der Bühne, so ist jede Schüchternheit mit den ersten Schlägen auf seine Rhythmusinstrumente vergessen. Nach lautstarkem Intro wird es geheimnisvoll: Die Geigen zaubern einen mystischen, klagenden Klangteppich, in den das Cello eine magnetische Melodie hineinlegt. Die Drums nehmen sich da leise als Akzentgeber zurück bis sie sich mehr und mehr in den Vordergrund drängen und mit dem Pizzicato der Geigen das Tempo vorantreiben bis das Stück des zeitgenössischen Komponisten Stefan Solyom (geb. 1979) in einem Knalleffekt seinen Höhepunkt findet.
Noch moderner klingt das Stück von Komponist James D. Doyle. An einem typischen Rockband-Schlagzeug ist nun treibender (Hard-)Rock-Sound zu hören, unterlegt mit philharmonischen Streicherklängen. Anklänge an die Filmmusik sind in dieser dramatischen Komposition, in der eine Erzählung der nordischen Mythologie vertont wird, sicherlich nicht zufällig. Wenn Gott Thor gegen die Schlange Jörmungandr kämpft, dann schwirren die Geigen, zirpen bedrohlich und kreischen schließlich kurz auf. Dramatisch und Genregrenzen überschreitend – das Stück ist auch eine Hommage an Doyles Lieblings-Metal-Band - geht es weiter bis die Geschichte, zumindest musikalisch, schließlich versöhnlich endet.
Nach der Pause wird es mit der Kleinen Suite für Streicher Op. 1 von Carl Nielsen (1865 – 1931) etwas entspannter. Nach der eher düsteren Stimmung des ersten Satzes präsentiert sich das JKO im folgenden Intermezzo, einem leicht perlend dargebotenen Walzer, in bester Sommerlaune: spannend der Dialog der Geigen mit den Celli, die eine solide Basis für die Kapriolen der anderen Stimmen bilden – fesselnd bis zum allerletzten Pling. Im dritten Satz dann der dramatische Höhepunkt der Suite inklusive hoffnungsfroher Dur-Partien.
Dies setzt auch schon die Stimmung für das letzte Stück des Abends, die „Suite for Strings“ des eher für seine Chorwerke bekannten zeitgenössischen Komponisten John Rutter (geb. 1945). Und wie in den Chorwerken spielen auch in der Streichersuite englische Volkslieder eine große Rolle. Gleich zwei Folk Songs sind im ersten Satz verarbeitet, ein Seemanns- und ein Liebeslied. Der zweite Satz, der von einem jungen Mädchen und seiner blauen Spitzenhaube handelt, erklingt zart, gefühlvoll und leicht. Ruhig und schmerzhaft bittersüß ist der dritte Satz, den das JKO ausdrucksstark und mit wundervoll exakt gesetzten Soli, unter anderem von Konzertmeisterin Pauline Langer, dargeboten wird und in einem wundervoll schwebenden letzten Ton verklingt. Zwei fröhliche Volkslieder schlagen den Bogen zum Anfang und beenden das offizielle Programm eines überaus abwechslungsreichen Konzertabends in vielen schillernden Klängen zahlreicher Epochen.
Nach tosendem Applaus gibt das JKO noch eine letzte bejubelte Zugabe: „Strange Humors“ heißt das Stück von John Mackey, in dem Melodien und Rhythmen der Musik des Nahen Ostens auf die Djembe, eine afrikanische Trommel, treffen. Mit dieser eindrucksvollen Mischung der Musikkulturen beendet das JKO einen rundum gelungenen Konzertabend in der Lauffener Stadthalle.
Text und Foto: Bettina Keßler