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Aktuelle Nachrichten | Kast, Ingrid | 07.08.2024

Wäldchentag 2024: Die Neckar-Schwarzpappel hat knapp überlebt

Bürgermeisterin Sarina Pfründer beeindruckt von Generhaltungsprojekt auf Lauffener Gemarkung.

Man muss nicht nach Südamerika reisen, um vom Aussterben bedrohte Pflanzen zu finden. Vor unserer eigenen Haustür stehen viele Arten kurz vor dem Verschwinden. Eine Baumart der Auen, die nur entlang des Neckars und seiner Nebenflüsse vorkommt, ist die Neckar-Schwarzpappel. Sie gilt als stark gefährdet und ist regional vom Aussterben bedroht. Gründe dafür sind der Verlust von natürlichen Auenstandorten und das Auspflanzen von Hybridpappel, einer Kreuzung mit der kanadischen Pappel. Der Arbeitskreis zur Erhaltung der Neckar-Schwarzpappel hat mit einem erfolgreichen Generhaltungsprojekt, das mittlerweile über 20 Jahre läuft, die noch vorhandenen Genreserven gesichert und züchtet diese nach. Jetzt traf sich der Arbeitskreis zum jährlich stattfindenden „Wäldchentag“ bei der Erhaltungspflanzung in Lauffen a. N. Mit dabei war erstmalig auch die Bürgermeisterin von Lauffen a. N. Sarina Pfründer. Die Mitglieder des Arbeitskreises und der Leiter des Forstamtes Heilbronn, Herr Jacob sowie der Revierleiter Herr Muth stellten der Bürgermeisterin das Pappelwäldchen vor. Es handelt sich um einen ganz besonderen Wald, der vor 10 Jahren auf der Gemarkung der Stadt angepflanzt wurde. Das Wäldchen ist rund 2 Hektar groß und wurde mit den noch existierenden Schwarzpappeln vom Neckar angelegt. Es handelt sich bei diesen Bäumen um die Wildform unserer heimischen Pappel, welche entlang des Neckars kurz vor dem Aussterben stand.

Teilnehmer*innen am Ortstermin beim Lauffener Pappelwäldchen v. li.: Dr. Martin Ne-bel (AK NSP), Karl-Heinz Frey (AK NSP), Conrad Fink (AK NSP), Sarina Pfründer Bürgermeisterin v. Lauffen a. N., Armin Jacob Leiter des Forstamts Heilbronn, Oliver Muth Leiter Forstrevier Beilstein, Johannes Borrmann Baumschulen Waller GmbH, Inge Maass (AK NSP), Andrea Hohlweck BUND-Regionalgeschäftsführerin Heilbronn-Franken Abkürzung AK NSP = Arbeitskreis zur Erhaltung der Neckar-Schwarzpappel. Bildautorin: Karin Zimmer.
Teilnehmer*innen am Ortstermin beim Lauffener Pappelwäldchen v. li.: Dr. Martin Ne-bel (AK NSP), Karl-Heinz Frey (AK NSP), Conrad Fink (AK NSP), Sarina Pfründer Bürgermeisterin v. Lauffen a. N., Armin Jacob Leiter des Forstamts Heilbronn, Oliver Muth Leiter Forstrevier Beilstein, Johannes Borrmann Baumschulen Waller GmbH, Inge Maass (AK NSP), Andrea Hohlweck BUND-Regionalgeschäftsführerin Heilbronn-Franken Abkürzung AK NSP = Arbeitskreis zur Erhaltung der Neckar-Schwarzpappel. Bildautorin: Karin Zimmer.

Es ist einer Gruppe von ehrenamtlichen Botanikern, Naturschutzexperten, Geneti-kern, Förstern, Baumschulern zu verdanken, dass diese Seltenheit nur knapp dem Aussterben entgangen ist. Die Gruppe nennt sich Arbeitskreis zur Erhaltung der Neckar-Schwarzpappel und feierte im letzten Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. Unterstützt wurden die Ehrenamtlichen von den staatlichen Forstbehörden in Baden-Württemberg wie etwa der Forstlichen Versuchsanstalt in Freiburg sowie einer Reihe von Landkreisen und Gemeinden. Gefördert wurde das Projekt von der Stiftung Energie & Klimaschutz Baden-Württemberg. Diese Stiftung hat das Projekt von Anfang an unterstützt - und dokumentiert (s. Link: https://www.energieklimaschutz.de/projekte/umweltprojekte/ Stichwort: Neckar-Schwarzpappel). Ohne diese Unterstützung hätte es nicht durchgeführt werden können.

Schwarzpappel im Freistand
Schwarzpappel im Freistand

Mit dem Wäldchen wurde nicht nur die seltene Art gerettet. Es wurde auch als Klimaschutzwald konzipiert und angelegt und ist somit ein bedeutendes Klimaschutzprojekt, auf welches die Stadt Lauffen a. N. stolz sein kann. So hob Frau Pfründer hervor, dass sie froh sei, dass Lauffen a. N. als Schwerpunkt für dieses Leuchtturmprojekt ausgewählt wurde. „Ich bin sehr beeindruckt“ sagte sie vor Ort, „es ist ein besonderes Renommee für unsere Stadt, das uns hervorhebt und auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Das Projekt macht Hoffnung im Kampf gegen die Erderhitzung und das globale Artensterben“ so die Bürgermeisterin bei ihrem Besuch.

Conrad Fink vom Arbeitskreis dazu: „Dieses Generhaltungsprojekt ist für Deutschland, ja sogar europaweit einmalig und wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet“. Hier ein kurzer Rückblick zum Werdegang. Die Mitglieder des Arbeitskreises suchten das gesamte Einzugsgebiet des Neckars in Baden-Württemberg nach noch existierenden autochthonen Schwarzpappeln ab. Dabei fanden sie insgesamt 134 Altbäume welche kartographisch erfasst und genanalytisch auf Artreinheit und Zugehörigkeit zur Neckarpopulation überprüft wurden. Auch sammelten die Mitglieder Genproben von den Pappeln am Oberrhein, an Donau und am Bodensee. Die Proben wurden von der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg sowie vom Bayerischen Amt für Waldgenetik ausgewertet und miteinander verglichen. Danach existieren in Baden-Württemberg fünf Populationen der Schwarzpappel, welche sich genetisch an die jeweiligen Flussläufe angepasst haben. Es sind dies die Populationen am Neckar, zwei Populationen am Oberrhein, eine an der Donau und eine am Bodensee. Im Einzugsgebiet des Neckars gibt es 35 verschiedene Genotypen der Schwarzpappel, welche sich genetisch voneinander unterscheiden. Der Arbeitskreis gewann von allen Genotypen Steckhölzer, welche in der Baumschule Waller in Schwäbisch-Hall nachgezogen werden. Nur diese Baumschule bietet diese Nachzuchten aus zertifizierten gebietseigenen Herkünften an (s. Link: https://www.waller-baumschulen.de/)

In Lauffen a. N. legte der Arbeitskreis eine Erhaltungspflanzung als Auewäldchen an in weichem neben anderen Auwaldgehölzen auch die gefundenen Wildformen der Schwarzpappel aufgepflanzt sind. Lauffener Pappel-Wäldchen ist als Klimaschutzmaßnahme anerkannt und wurde vor zehn Jahren gepflanzt. Heute sind die Bäume schon bis zu zehn Meter gewachsen. Hier existiert auch ein sogenanntes Mutterquartier, das Ausgangsmaterial für die Nachzucht liefert. Beide Pflanzungen sichern die einmalige Genressource.

Bei dem Ortstermin wurde der Zustand der Pflanzungen kontrolliert und notwendige Pflegemaßnahmen besprochen. So ist geplant im kommenden Frühjahr eine Pflege des Mutterquartiers mit ehrenamtlichen Mitgliedern des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) durchzuführen. Auch Studenten der forstlichen Hochschule in Rottenburg sollen mit wissenschaftlichen Untersuchungen in das Projekt eingebunden werden.

An den noch existierenden Altbäumen hat der Arbeitskreis mit Unterstützung der Behörden kleine Dreieckschilder mit der Aufschrift „Schwarzpappel“ angebracht. Die Schilder sind dem Naturdenkmalschild nachempfunden und sollen auf die Bedeutung der Bäume und deren Schutz hinweisen.