Aktuelle Nachrichten | Keßler, Bettina | 04.06.2024
Von Maiglöckchen, fliegenden Ostereiern und 13 Desserts
50 Jahre Partnerschaft, da lernt man einiges vom Nachbarn kennen, nicht nur Kulinarisches
![Abfahrt der französischen Gäste auf dem Parkplatz Hagdol am Sonntag, 12.5.2024](/system/getthumb/images/__tn1__ecics_31535_51552_620_9999.jpg)
50 Jahre Partnerschaft mit La Ferté-Bernard feiert man in Lauffen in diesem Jahr. 50 Jahre Freundschaft. 50 Jahre Kennenlernen einer anderen Kultur in der Nachbarschaft. 50 Jahre Gemeinsamkeiten, bei denen jeder Partner seine speziellen Lieben und Vorlieben im Jahresverlauf hat.
Zum Beispiel im Januar, wenn bei uns die Sternsinger um den 6. Januar von Haus zu Haus ziehen, feiert man den Dreikönigstag mit einer „Galette des Rois“, einem gefüllten Mandelkuchen. Gern eingebacken wird eine kleine Königsfigur und wer sie in seinem Stück entdeckt, darf im nächsten Jahr für den Kuchen sorgen, der übrigens auch gerne eine Papierkrone trägt.
Am 2. Februar, an „Maria Lichtmess“, heißt es bei uns, dass man da „bei Tag zu Nacht ess“, um die wieder länger werdenden Tage zu kennzeichnen
In Frankreich werden an diesem Tag traditionell Crêpes gegessen. Und wer reich werden möchte, sollte dabei seine Crêpe mit der rechten Hand in der Luft drehen und in der linken eine Münze halten.
An Ostern suchen die Kinder hier wie dort bunte Eier und bekommen kleine Geschenke. Allerdings haben die Hasen in Frankreich keinen Bring-Stress, denn die Eier werden von den Kirchenglocken aus Rom mitgebracht, dorthin sind sie am Karfreitag geflogen und sie bringen die Eier auf dem Rückflug gleich mit.
Der April beginnt ja bekanntlich mit einem Scherz, bei uns einer gefakten Nachricht. Bei unseren Nachbarn kleben Kinder Erwachsenen aus Papier gefaltete Fische möglichst unbemerkt auf den Rücken und beim Überlisten heißt es nicht „April. April“, sondern „Poisson d`Avril“.
![Wer Maiglöckchen geschenkt bekommt, erhält zu den Blumen auch noch Glück für das kommende Jahr. (Foto: Danuta Niemiec / Pixabay)](/system/getthumb/images/__tn1__ecics_31532_51549_620_9999.jpg)
1. Mai bei uns der Tag der Arbeit, in Frankreich der Tag der Maiglöckchen. Man schenkt, denen die man mag, ein Sträußchen, denn die kleinen weißen wohlriechenden Blümchen sind Glücksbringer, „Porte-Bonheur“. Wer seine vergessen hat, kann überall an den Straßen an Ständen welche erwerben.
Am 21. Juni wird in Frankreich das „Fete de la Musique“ gefeiert. Bekannte und unbekannte Künstler treten kostenlos auf, haben ein gemeinsames Ziel, die Förderung der Musik, ganz nah am Publikum.
Im Juli und zwar am 14. feiert Frankreich seinen Nationalfeiertag auch mit einer Militärparade, unser Tag der deutschen Einheit wird am 3. Oktober gefeiert, eher ruhiger.
Was gibt es noch? Filmfestspiele: In Frankreich in Cannes in Deutschland in Berlin. Bei unseren Nachbarn gibt es, auch einen Debütantinnen-Ball. Einmal im Jahr werden seit 1992 25 Töchter aus der High Society in einem Pariser Nobelhotel vorgestellt. Bedingung: Sie müssen alle aus Frankreich stammen.
Einen Weihnachtsbaumkuchen, den „buche de Noel“ gibt es natürlich an Weihnachten. Dieses Gebäck geht auf einen alten Brauch aus ländlichen Gegenden zurück, wo man am Weihnachtsabend einen Baumstamm verbrannte und die Asche auf die Felder verstreute. Das sollte Glück und eine reiche Ernte bringen.
Klar gibt es einen geschmückten Weihnachtsbaum, kommt dieser Brauch doch aus dem Elsaß. Einen guten Appetit und einen strapazierfähigen Magen sollte man fürs traditionell sehr reichhaltige Weihnachtsessen haben. Denn neben einem gefüllten Truthahn gibt es oft noch Austern, Fisch und eine opulente Käseplatte. Bon appetit. In manchen Gegenden gibt es an Weihnachten „treize (13) desserts“, von all denen sollte man wenigsten einen Löffel probieren.
![Viele Traditionen drehen sich - trotz allem - um kulinarische Spezialitäten. (Foto: Steward Masweneng / Pixabay)](/system/getthumb/images/__tn1__ecics_31533_51550_620_9999.jpg)
Freuen sie sich, wenn sie zu einem „apéro“ eingeladen werden, denn einen Aperitif gibt es nicht nur vor dem Essen, sondern es gibt reine Apéro-Einladungen, die dann so zirka zwei Stunden dauern oder sogar einen „Apéro dinertoire“, der noch ausgiebiger ist.
Glücksschweinchen oder Schornsteinfeger haben in Frankreich an Silvester keinen Platz. Manchmal bekommt jeder Gast ein „cotillon“ ein kleines Tütchen mit Luftschlangen und Tröten um das neue Jahr lautstark zu begrüßen. In Frankreich herrscht Böllerverbot, Feuerwerke sind kommunale Angelegenheit, wenn man sich denn daran hält.
Bei Festivitäten wie zum Beispiel Geburt, Hochzeit, Kommunion hat jeder Gast immer ein Beutelchen mit Mandel-Dragees in allen Farben als Gastgeschenk an seinem Platz. Als Frucht des Baums des Lebens werden sie zu einem neuen Lebensabschnitt überreicht.
Zum Abschied wie zur Begrüßung gibt es noch ein paar „bises“. Zweimal auf eine Backe oder auf jede Backe, zwischen zwei und vier ist alles erlaubt. Emotionaler wie Handgeben ist das schon und mittlerweile auch bei uns verbreitet. Man muss es nicht mehr wie eine Lauffener Austauschschülerin zu Beginn der Partnerschaft vor 50 Jahren „befremdlich“ finden und trotzdem hat sie damals „artig die ganze Gastfamilie abgeküsst“.
Text: Ulrike Kieser-Hess
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